Montag, 31. Dezember 2012

Das Speibsackerl der Kalenderwoche 52


Weil Paranoia und Trotz schlechte Ratgeber sind, geht das Speibsackerl der Kalenderwoche 52 stellvertretend für die ganzen waffengeilen Weirdos und Wackos in den USA an den Twitter-User @CultureKill, der Knarren für einen Ausdruck von Zivilisation und die progressive Erziehung für die Ursache von Amokläufen hält.


Vor Weihnachten sorgte wieder einmal ein Amoklauf für Betroffenheit in den USA: Ein geistig leicht gestörter, im Umgang mit Angriffswaffen dank Mutti bestens geschulter Jüngling schnappte sich Mamis Waffen, legte zuerst sie und danach 6 Lehrerinnen und 20 Kinder um. Sogar die Waffenlobby NRA verstummte nach der Wahnsinnstat von Newtown für eine volle Woche, ehe deren Sprecher Wayne LaPierre sich zum Vollhorst machte und allen Ernstes forderte, dass Schulen keine waffenfreien Zonen mehr sein dürften. Denn dies mache sie zu Angriffszielen für potentielle Amokläufer. Ja, richtig: Es brauche bewaffnete Wachen vor jeder Schule.

Ein Kreuz pro Schusswaffen-Opfer: Szene aus Newtown.

Waffen: Lösung oder Problem?
Wie die NRA und Wayne LaPierre sind auch viele Amerikaner der Meinung, dass die Lösung des Problems der Waffengewalt in den USA in noch mehr Waffen liegt. Einem Verschuldeten gibt man schliesslich auch Kredit, einem Junkie Heroin frei Haus, oder? Als es um die Ursachen der Amokläufe ging, feuerte die NRA eine Breitseite ab auf die Unterhaltungsindustrie, die Kultur der laschen Erziehung und sonst noch so einiges. Nur eines blieb ausgespart: Der in den USA wahnwitzig verbreitete Waffenbesitz: Auf 310 Millionen US-Amerikaner kommen rund 300 Millionen Schusswaffen.

                   
                   
                   
                   

Auch bezüglich der Tötungen durch Schusswaffen pro 100'000 Einwohner liegen die USA weit vor jedem anderen, entwickelten Land ohne Bürgerkrieg - etwa um den Faktor 15. Dem widerspricht nicht einmal die NRA. Also stellt sich die Frage: Was unterscheidet die USA von den anderen, entwickelten Ländern? Welche Abweichung kann die Häufigkeit von Tötungen durch Schusswaffen erklären? Laut NRA und @CultureKill kann es nicht an den Waffen liegen, denn diese seien bloss ein Instrument, ein Werkzeug wie ein Hammer oder eine Zange. Nicht Waffen, sondern Menschen töten, krakeelen die Knarren-Fetischisten unverdrossen.


Was ist in den USA anders?
Nun gibt es auch in der Schweiz viele Waffen. Bloss: Während der Waffenbesitz hier zu Lande ziemlich liberal gehandhabt wird, schaut es beim Waffentragen ganz anders aus: Wer ausserhalb der eigenen vier Wände bewaffnet unterwegs sein will und kein Polizist ist, muss einen Waffen-Tragschein beantragen und dafür eine Bedrohung geltend machen. In den USA gibt es so etwas nicht, im Gegenteil: In manchen Bundesstaaten dürfen Studenten gar mit einer Schusswaffe in den Hörsaal. Irrsinn? Nicht für US-Waffenfans, denn die finden: Nur ein guter Kerl mit einer Waffe kann einen bösen Kerl mit Waffe stoppen. In Europa überlässt man dieses Stoppen gut geschultem Personal - ich verweise auf das territorial begrenzte, staatliche Monopol zur legitimen Anwendung von Gewalt.

Diese Karikatur erschien schon 2011, nachdem die Kongressabgeordnete
Gabriele Giffords von einem bewaffneten Verwirrten niedergestreckt worden war.

Aber der Irrsinn geht noch weiter: Während es in der Schweiz nicht so einfach ist, an Munition heran zu kommen, kann man diese zum Beispiel im WalMart in den Staaten in grossen Mengen kaufen. Und während manche Bundesstaaten beim Waffenerwerb einen "Background Check" verlangen, also einen sauberen Leumund und keine schweren psychischen Erkrankungen, wechseln 40% der Waffen ihren Besitzer an Waffenbörsen, wo es keiner solchen Abklärungen bedarf. Es ist also festzuhalten: In den USA ist es nicht nur einfacher, an Waffen heran zu kommen. Auch die Munition ist frei käuflich, und das Waffentragen wird sehr leger gehandhabt - der Wilde Westen lässt grüssen.

Progressive Erziehung als Zeitbombe?
All diese Merkwürdigkeiten sind für die NRA und den Twitter-User @CultureKill aber hochzuhaltende Traditionen. Und @CultureKill bringt ein anderes Argument, das er freilich mit keinerlei Zahlen oder Studien zu belegen vermag oder nur schon versucht: Die progressive Erziehung verwirrt junge Männer (und fast nur Männer und fast immer Weisse, möchte man anmerken) so nachhaltig, dass sie sich in der Welt nicht mehr zurecht finden und Amok laufen. So einfach ist das: Schuld sind nicht lasche Waffengesetze, sondern die progressiven Werte und die Erzieher, die damit die Kinder vergiften. Das schliesst an an Mick Huckabee's Erklärung, wonach die Abwesenheit von Gott an Schulen diese zu Schauplätzen von Amokläufen mache.


Nun, ich habe schlechte Nachrichten für die durchgeknallten, reaktionären Knarren-Fetischisten vom Schlage eines @CultureKill: Was in den Staaten als progressiv (und damit als höchst verdächtig) gilt, ist in Europa bestenfalls moderat - je nördlicher und weniger katholisch, desto mehr trifft dies zu. Progressive Erziehung ist somit kein Alleinstellungsmerkmal der USA und eignet sich daher mitnichten als Sündenbock. Wie auch die Amokläufe nicht aufhören werden, wenn die USA in die Bigotterie der 50er Jahre zurück fallen sollten. Und nein, einen Anders Breivik seh ich nicht als Opfer progressiver Erziehung, sondern als von Fremdenhass vergifteten Wirrkopf.


Die Lösung des Komikers Chris Rock: 5000 US-Dollar pro Kugel,
dann hört das Morden mit Schusswaffen sehr schnell auf. Brilliant!

Bei nüchterner, unvoreingenommener Betrachtung dürften zwei Faktoren die Häufigkeit von durch Schusswaffen herbei geführten Todesfällen in den USA erklären: Einmal die Verklärung der eigenen, sehr gewaltsamen Vergangenheit, wo angesichts eines riesigen Landes und des noch jungen Staates Selbstjustiz etwas ganz normales war - Stichworte Frontier und Wilder Westen. Und ja, es ist die einfache Verfügbarkeit von Waffen und Munition in Kombination mit laschen Kontrollen derjenigen, die sich bewaffnen wollen. So gelangen Waffen in die Hände von Leute, die davon fern gehalten werden sollten. Und vor allem gilt: Waffen machen Feiglingen das Töten viel zu einfach. Hätte Adam Lanza 20 Kindern und 6 Lehrerinnen die Schädel mit einem Stein zertrümmert? Eben, meine Argumentation ist damit abgeschlossen.

Freitag, 28. Dezember 2012

Schlamm, Kuchen und eine Trophäe


An Weihnachten trafen sich 16 Biker im Wald oberhalb Winterthurs, um den traditionellen "Greencup"-Weihnachts-Downhill auszufahren. im tiefen Schlamm war diesmal Finesse und Schmackes in den Waden gefragt.


Das Wetter meinte es gut mit den Teilnehmern am Greencup: Die Temperaturen lagen deutlich über zehn Grad, der Föhn blies einem um die Ohren, und der Säntis schien bei der Fahrt von Töss hoch zur Waldschenke am Brühlberg zum Greifen nah. Weil an Weihnachten sonst eh nichts los ist, waren mit Ralph und Sämi sogar je ein Fahrer aus Zug und einer aus der Region Luzern mit am Start.


Als erstes Stand die Besichtigung der Strecke an, und schon da wurde klar: Das Geläuf war rutschig und stellenweise tief. Schlammreifen wären ein grosser Vorteil gewesen, aber dafür hatte ich das falsche Bike aus dem Keller gezogen. Als einzige Modifikation für die Weihnachts-Gaudi hatte ich griffige Plattformpedale an Stelle der sonst verbauten Clickpedale an mein Cannondale Jekyll geschraubt.


Die Verhältnisse waren dieses Jahr eher herbstlich als winterlich.
Schneeschmelze und Regen sorgten aber für viel Schlamm.


Das war schon einmal eine gute Entscheidung, denn Clickpedale wären bei dieser Schlammwühlerei die falsche Wahl gewesen. Dennoch machte ich während der Streckenbesichtigung Bekanntschaft mit dem Boden: Ich verpasste einen Abzweiger und kachelte in eine nochmals schlammigere Rampe, wo sich das Vorderrad prompt eingrub und ich darum vom Bike musste.


Augen (oder eher Mund) zu und durch: Ralph (oben)
und Markus in der schlammigen Sektion beim Ziel.  


Zum Glück war diese Rampe aber nicht Teil der offiziellen Strecke. Doch auch die hatte ihre Tücken, und das nicht zu knapp: Auf der rutschigen Unterlage konnte man nur auf einen halben Meter genau steuern, was in etwa der Breite des Weges entspricht. Und entsprechend für einige haarige Momente sorgte. So flog ich im ersten Rennlauf - beim Greencup wird einzeln in Ein-Minuten-Abständen gestartet - aus der Zielkurve und musste mir meinen Weg ins Ziel durchs Unterholz bahnen.


Typisch für den Greencup: Manuel startete auf einem Crossrenner,
Sämi war auf einem Allmountain-Fully unterwegs.


Kein Wunder, fehlten mir rund 15 Sekunden auf die schnellsten Zeiten. Aber ich wusste auch, wo ich Zeit liegen gelassen hatte - und nahm mir fest vor, das im zweiten Lauf besser zu machen. Schliesslich zählt beim Greencup nur der schnellere der beiden Läufe. Leider verkackte ich im zweiten Lauf aber schon die erste Kurve, und der Rest des Laufs war wie der erste mit abenteuerlichen Rutschern gespickt. Eine Helmkamera mit Tonaufnahme hätte die Improvisation vom Start bis ins Ziel wohl schön auf den Punkt gebracht...


Peter schnitt mit schmaler Bereifung mitten durch die Pampe,
während Simon auf der Jagd nach der Bestzeit einen Weg vorbei fand.


Prompt konnte ich mich nur um eine mickrige Sekunde verbessern, wie die meisten Starter übrigens. Besser machte es Simon, der das Feld nach einem verhaltenen, ersten Lauf von hinten aufrollte, seine Laufzeit um sieben Sekunden verbesserte und damit seinem Kumpel Chris die Pönkrock-Trophäe noch vor der Nase wegschnappte. Als Dritter stieg mit Gäbe Maier einer der beiden Organisatoren aufs Podium.


Die Zeitnahme, der Kuchen und die Notizen zu den gefahrenen Zeiten.


Wie es sich für Weihnachten gehört, wartete ein Kuchen auf die Teilnehmer, der vor der Siegerehrung verputzt wurde. Gleich danach machten wir uns mit den Gästen aus Zug und Luzern auf, noch einige andere Trails am Brühlberg unter die Räder zu nehmen, und die überraschten Blicke der vielen Weihnachts-Spaziergänger waren uns dabei gewiss. Wieder in der Stadt angekommen, kauften wir im Tankstellenshop Chips, Cookies und Bier.


Nur einer griff die Trophäe ab, aber alle mussten nach dem Rennen ihr Bike putzen.


Und machten uns dann auf zur Wohnung von Gäbe und Manuel Maier. Im Hinterhof des Hauses genossen wir das ganz und gar unwinterliche Wetter, plauderten bei einem Bierchen und reinigten die eingesauten Bikes mit einem Gartenschlauch. Die Schuhe blieben dann aber zu Hause gleich im Gang, und die Kleider zog ich in der Badewanne aus, um nicht die ganze Wohnung einzusauen. 



Trotz meiner sportlich bescheidenen Darbietung war der Greencup auch dieses Jahr für alle Teilnehmer ein Riesenspass. Danke an Gäbe und Manuel Maier fürs Organisieren, und danke an alle Teilnehmenden. Und ja, einige schöne Bilder hat das Rennen auch noch geliefert, Schlamm und Sonnenschein sei Dank.

Montag, 24. Dezember 2012

Festtags-Wünsche

Auch wenn ich mich selbst zu den Agnostikern zähle, möchte ich den Besuchern meines Blogs an dieser Stelle frohe Weihnachts-Tage wünschen - und alles Gute für 2013.


Und wie nicht anders zu erwarten, kommt dabei ein Fahrrad-Motiv zum Zuge: Mein kleines, grünes Elend aka das "Jackal" von Santa Cruz, abgelichtet im tief verschneiten Wald vor zwei Wochen. Nun, wo es über zehn Grad warm ist, will man gar nicht glauben, dass es vor vierzehn Tagen noch so aussah.


Dafür hab ich vorgestern den Winter zelebriert - mit einer Pfanne aufgewärmter, von Mutter gemachter Erbsensuppe. Das ist kein Diät-Schleimsüppchen ohne Substanz, sondern ein bereits sämig-dicke Suppe mit reichlich bemessener Gemüse- und Fleischeinlage. Herrlich!

Samstag, 22. Dezember 2012

Rock gegen den Weltuntergang

Am Freitagabend lud der Gasthof zum Widder zu einem Doppel-Konzert der rockigen Sorte. Ein guter Grund, um sich unter die Leute zu mischen und bei ein paar Bierchen über die Weltuntergangs-Hysterie zu frotzeln.

Schon kurz nach neun Uhr legten die drei Römer von "Black Rainbows" los, mit schwerem Stoner- und Retrorock. Treibend, satt und teilweise instrumental. Die Lautstärke war beträchtlich, aber Ohrenpropfen lagen bereit. Und dank der Tiefe des Raums kann man sich im Widder zur Not von der Bühne weg und nach hinten in Richtung Bar orientieren, wenn es einem zu laut wird.



Die "Black Rainbows" hatten schon am 13. Bambole Openair im August 2010 überzeugt, und die Italiener haben seither nichts an Energie und Spielfreude verloren. Leider war die Location während des ersten Konzerts noch nicht wirklich rappelvoll, die drei Römer hätten eine volle Hütte verdient gehabt.


Von natürlich bis quietschbunt: Die LED-Leiste im Widder
kann eine Menge verschiedener Stimmungen erzeugen.


Nach einer bühnenumbau-bedingten Pause plärrte plötzlich und nicht eben leise Karel Gotts "Biene Maja" aus den Lautsprechern, was ich leicht irritiert zur Kenntnis nahm. Aber das Ganz hatte System, denn dies war die Überleitung zum zweiten Konzert der lokalen Band "The Mayas". Die stürmten gegen Ende des Lieds in gelb-schwarz gestreiften Overalls und aufgesetzten Fühlern als Bienlein die Bühne, sehr zur Gaudi des Publikums.



Und legten gleich los wie die Feuerwehr. Es wurden kurzweilige, rockige eineinhalb Stunden mit "The Mayas", der Raum füllte sich bis an die Komfortgrenze - und erstaunlicherweise waren alle Konzertbesucher diszipliniert und verklemmten sich das Rauchen. Für etwas gibt es ja den Hinterhof des Widders, der an dem Abend auch gut besucht war.

Kurz nach Mitternacht war das Konzert zu Ende, gegen zwei Uhr machte ich mich auf den Heimweg. Und konnte mich unterwegs davon versichern, dass die Welt mitnichten untergegangen war. Auch wenn ich selbst mich am kommenden Morgen etwas geplättet fühlte.

Freitag, 21. Dezember 2012

Das Speibsackerl der Kalenderwoche 51


Der Amoklauf von Newtown hat auch mich erschüttert. Aber Adam Lanza ist ein ganz anderes Kaliber, und die posthume Verleihung eines "Speibsackerls" würde der Tragödie nicht gerecht. Darum gebührt die Auszeichnung Ueli Tobler.


Who the fuck is Ueli Tobler? Nun, der Herr war bis heute Donnerstag noch der Sprecher der Berner Kantonalpartei der SVP. Und er ist bei Leibe nicht der erste Exponent der Sünneli-Partei, der über sein loses Mundwerk und mehr als nur grenzwertige Aussagen stolpert. Irgendwie erinnert mich das Ganze an die vielen "Sager" von Exponenten der FPÖ in unserem östlichen Nachbarland. Auch da geht es immer nur um Einzelfälle. Bloss: Wenn sich Einzelfälle häufen, dann müsste man von einem Problem ausgehen.

Gestatten? Der biedere Brandstifter Ueli Tobler.
Jedem Sack sein Wegwerf-Säckli, oder so ähnlich.

Was wurde Ueli Tobler zum Verhängnis? Nachdem im Berner Kantonsparlament SP und Grüne zusammen mit CVP und FDP das Verbot von Einweg-Einkaufstüten erwirkt hatten, tickte der Herr durch. Er empfahl auf der Facebook-Seite des Berner SVP-Exponenten Thomas Fuchs, dieser "linken Saubande" ein möglichst luftdichtes Säckchen über den Kopf zu ziehen und es mit einem langen Kabelbinder zu fixieren. Im Klartext: Der famose Ueli Tobler rief auf Facebook zur Tötung politisch Andersdenkender mittels Ersticken auf.

Dieser "lustig gemeinte" Beitrag wurde Ueli Tobler zum Verhängnis.

Als dies in verschiedenen Medien zum Thema wurde, zeigte sich Tobler zunächst uneinsichtig: Er werde zu Unrecht skandalisiert, seine Aussage sei doch nicht ernst gemeint gewesen, und überhaupt sei das eine Kampagne der linken Gutmenschen-Medien gegen einen aufrechten Schweizer. Seine Parteikollegen mochten das nicht so sehen und legten ihm nahe, sein Amt als Sprecher nieder zu legen und aus der SVP auszutreten. 

Darum geht es: Rolle mit kostenlosen Einweg-Einkaufstüten
ausPlastik an derKasse eines schwedischen Supermarktes.

Bloss: Wie viele Toblers gibt es wohl noch in einer Partei, die sich als die einzig echt schweizerische sieht, die Schuld immer bei allen anderen sucht und auch schon Linke auf Plakaten als Filzläuse und Ratten gezeigt hat? Tobler ist eben kein Einzelfall, sondern symptomatisch für eine Partei, die sich eine Menge auf ihren Grobianismus und ihre Verachtung von Intellektuellen einbildet. Und die ihr "Wir-Gefühl" aus Ausgrenzung und Feindbildern bezieht. 


Darum ist auch nicht davon auszugehen, dass Ueli Tobler der letzte Turbopatriot der Hosenseicher-Partei ist, der über die Kombination von grosser Klappe und kleinem Hirn stolpert. Aber mit seinem durchaus konkreten Aufruf zur Tötung von Einweg-Säckli-Gegnern hat sich Ueli Tobler das "Speibsackerl der Woche" mehr als redlich verdient. Ach ja: Ich empfehle den Song "Tubel Trophy" von Baby Jail. Einfach beim Hören den "Tubel" durch "Tobler" ersetzen, das trifft die Sache schon sehr gut.

Donnerstag, 20. Dezember 2012

Dutchtub in der Schwebe

Am Mittwoch fuhr ich mal wieder quer durch die Schweiz, um in Morges bei Lausanne eine Dutchtub-Badewanne auszuliefern. Und weil diese Wanne für eine Terrasse auf dem dritten Stock gedacht war, musste gröberes Gerät her.

Wie ich mich Morges näherte, klingelte das Handy: Ob ich bereits in der Nähe sei? Laut dem Navi trennten mich noch 5 Minuten Fahrt vom Ziel, also konnte ich die Kunden beruhigen. Wie ich in die Rue de Lausanne einbog, sah ich bereits einen grossen LKW mit Kran.



Mit Hilfe dieses Krans, zweier Bänder und eines Spannsets konnte die Wanne sicher am Haken verzurrt werden. Der Kranführer begab sich für einen besseren Überblick auf die andere Strassenseite, ich zückte meine FujiFilm FinePix X10, um einige Bilder von der spektakulären Aktion zu schiessen.


Nach wenigen Minuten war der Dutchtub auf der Terrasse abgesetzt, und ich konnte ich nach dem Zeichnen des Lieferscheins kurz nach halb Drei Uhr nachmittags auf den Rückweg machen. Bis Bern kam ich gut vorwärts, danach begann es zu harzen, und am Gubrist stand der Verkehr erstmals. Bad Timing, würde ich mal sagen.

Erst nach rund 40km der Rückfahrt dachte ich daran, ein
Bildvom Navi mit der angezeigten Route zu knippsen.

Auch am Brüttiseller Kreuz und rund um Winterthur sank das Tempo noch einige Male in Richtung Schritttempo, aber kurz nach halb Sechs Uhr abends brachte ich den Fiat Scudo und den Anhänger wohlbehalten zurück an die Walzmühle. Wieder 540 Kilometer quer durch die Schweiz ohne Unfälle geschafft, gut so.

Montag, 17. Dezember 2012

Sonntagsarbeit

Gestern Sonntag konnte ich nicht ausschlafen. Statt dessen fuhr ich nach Zürich, um im Medienzentrum des Zürcher Silvesterlaufs Pressemitteilungen zu dem Anlass zu verfassen.

Hier wollen sie alle hin: Der Zielbogen hinter der Fraumünster-Post.

Morgens um 10 Uhr verliess ich die Wohnung, radelte zum Bahnhof und fuhr mit der S12 nach Zürich.  Mein Ziel war das Stadthaus neben der Fraumünster-Post, wo das Pressezentrum des Zürcher Silvesterlaufs untergebracht war. Mit über 20'000 Anmeldungen ist dies der grösste Breitensport-Anlass des Kantons. Bis am frühen Nachmittag blieb mir genug Zeit, um dem OK-Präsidenten ein paar Statements zu entlocken, die Startlisten der Elitekategorien zu studieren und Kandidaten für Interviews zu suchen.

Das diesjährige Plakat wurde von einem Winterthurer gestaltet.

Nachdem die ganzen Kinder-, Jugend-, Vaki-, Muki- und Schulklassen-Kategorien ihre Rennen absolviert hatten, machten sich um 14.35 Uhr die Elite-Kategorien auf: Zuerst die Männer auf ihre sieben Runden, eine Minute später die Damen, die nur fünf Runden zurück zu legen hatten. Das Tempo war beachtlich, und die Rennen waren spannend: Bei den Damen sprinteten zwei Kenianerinnen um den Sieg, und auch bei den Herren machten die Kenianer den Sieg unter sich aus.

Der Arbeitsplatz im Stadthaus, mit der Kaffeemaschine im Hintergrund.

Mit dem Zieleinlauf begann der Stress: Nun galt es, Athleten abfangen, bevor sie unter der Dusche verschwanden, die nötigen Statements einzuholen und sich einen Überblick über die Entscheidungen in der Stadtlauf-Gesamtwertung zu verschaffen, um von den wichtigen Protagonisten ein paar Sätze diktiert zu bekommen, dann zurück ins Pressezentrum und unter Zeitdruck den ersten Rennbericht verfassen. Und das nicht etwa in Runde, sondern am Rande eines VIP-Apéros.

Die von Marc Chagall gestalteten Chor-Fenster am Fraumünster sind ein Touristenmagnet.

Als es schon eingedunkelt hatte, machte ich mich mit meiner Fujifilm FinePix X10 auf eine Runde vom Münsterhof zum Rennweg und zurück, um einige Impressionen von den Rennen der Plausch-Kategorie zu sammeln. Und prompt gelang mir ein Schnappschuss von einem kompletten American Football-Team. Und weil das Pressezentrum gleich neben dem Fraumünster lag, boten sich auch die von Marc Chagall gestalteten Kirchenfenster als Bildmotiv an.


Nicht alle Gassen in Zürich sind gleich feierlich dekoriert.
Der Rennweg (unten) kann sich aber sehen lassen.


Um halb neun Uhr hatte ich auch die zweite Pressemitteilung im Kasten, und zu Fuss machte ich mich durch den einsetzenden Regen auf den Weg zum Bahnhof Stadelhofen. Zwanzig Minuten später stieg ich in Winterthur wieder aus der S-Bahn und radelte zum Widder, um mir ein Feierabend-Bier zu gönnen. Es wurden dann drei - und weil ich ab Mitternacht Geburtstag hatte, kam zur Feier des Tages noch ein Pastis dazu. So endete ein langer Sonntag deutlich nach Mitternacht.    

Freitag, 14. Dezember 2012

Das Speibsackerl der Woche - KW50


Haustiere und Homophobie - oder wie sich Christoph Mörgeli als homophober Kleingeist outet. Und sich damit das erste "Speibsackerl der Woche" verdient hat.

Was die Deutschen profan als "Kotztüte" und die Briten als "(air-)sickness bag" oder auch lautmalerischer als "barf bag" bezeichnen , nennen die Österreicher mit ihrem Hang zur Verniedlichung "Speibsackerl". Ich habe beschlossen, auf meinem Blog ab sofort ein "Speibsackerl der Woche" zu verleihen. Und zwar für Leute, die sich durch unappetitliche Äusserungen in der Öffentlichkeit zum Vollhorst machen.

Gestatten? Kotztüten aus Papier, einmal von Air China und einmal von Niki Air.

Die erste Auszeichnung geht an einen politischen Scharfmacher, der genau dafür ein besonderes Talent besitzt. Und der sich nicht zu blöd war, um im Anschluss an die Debatte um die Kinderadoption durch gleichgeschlechtliche Paare im Nationalrat per Twitter die Frage in den Raum zu stellen, ob die Linke bald auch für Haustiere das Recht auf Adoption verlangen werde. Es geht natürlich um den famosen Christoph Mörgeli, so etwas wie die unheimliche Grinsekatze in einem xenophob-reaktionären Wonderland, ohne Alice, dafür mit vielen Christophs. Also der Albisgüetli- und Rütli-Schweiz.

Kotztüte in Menschengestalt: Christoph Mörgeli, auf dem Bild der 
Ortspartei SVP Stäfa noch fast jung und buschper.

Wer nicht stramm mit Mörgeli marschiert (wie der unsägliche Thomas Fuchs, so etwas wie der Quotenschwule bei den saumässig verpeilten Patrioten der SVP), erkennt in dieser Aussage eine klare Entmenschlichung von Homosexuellen, welche Mörgeli mit seinem Tweet bewusst in die Nähe von Haustieren rückt, wenn nicht gar mit Tieren gleichsetzt. Die Verteidigungsstrategie, wonach ein Haustier doch etwas sympathisches sei, ist so untauglich wie intellektuell unredlich.

Schlechter Verlierer: Am 13. Dezember unterlag Mörgeli und seine SVP
im Nationalrat - und teilte danach weit unter der Gürtellinie aus.

Vielmehr hat Christoph Mörgeli mit diesem Tweet Einblick in sein zutiefst reaktionäres Weltbild geboten. Für ihn sind Homosexuelle ausser Stande, die verantwortungsvolle Tätigkeit der Kindererziehung zu übernehmen - eher gehören diese Perversen für Mörgeli wohl allesamt zwecks Umerziehung/Heterosexualisierung ins Burghölzli. Mit ein wenig Lobotomie müsste eine solche Fehlorientierung doch zu korrigieren sein, oder? Hat Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts doch auch geklappt?

Wenn Mauern reden könnten, würde das Burghölzli wohl schreien.
Denn unter Bleuler und Forel fanden hier Menschenexperimente statt.

Klar, das war jetzt polemisch. Und soll es auch sein, denn Mörgeli bewegt sich mit seiner Intoleranz auf demselben Level wie Islamisten, die er doch so verachtet. Er ist so etwas wie ein helvetischer Santorum, ein christlich beseelter Kotzbrocken, der Rechtgläubigkeit vor Nächstenliebe setzt. Und der dies seinen Wählern am rechten Rand auch unmissverständlich zu verstehen gibt, per Twitter. Damit ist er ein würdiger Laureat in Sachen "Speibsackerl der Woche". Gratuliere, Christop Mörgeli. Und weiter so!

Matsch auf der Strasse, Matsch in der Birne


Wenn viel Schnee fällt, rücken die Räumungsdienste aus. Die schieben all den Schnee weg von der Fahrbahn der Autos - und auf den Velostreifen. Wenn das kritisiert wird, zeigen Zürichs Blechkutscher ihren kollektiven Dachschaden. Einmal mehr und verlässlich wie das Amen in der Kirche.


Zwischen schwarzgeräumten Flächen türmt sich gefrorener Schnee,
und statt Kurven soll man als Velofahrer Ecken fahren.  


An der Wülflingerstrasse verschwindet der Velostreifen unterm geräumten Schnee.


Es ist jedes Jahr die gleiche Geschichte: So bald wie in den vergangenen Tagen eine gewisse Menge Schnee fällt, wird  auf Teufel komm raus gesalzen und geräumt. Und der Schnee wird dabei an den Strassenrand geschoben, zwischen den Randstein und diese seltsame, gelb gestrichelte Markierung auf der Strasse. Ja richtig, das wäre dann der Velo-Streifen. Die Folge: Velo- und Autofahrer kommen sich nochmals näher, als dies sinnvoll oder gesund wäre, und stehende Kolonnen zu überholen wird durch die räumungsbedingte Spurverengung so gut wie verunmöglicht.


Heikel: Spurverengungen durch geräumten Schnee, dazu wird das
Rechtsabbiegen zu einer heiklen Angelegenheit (Bild oben).


Wenn dieser nicht ungefährliche Missstand, diese nur allzu offensichtliche Ungleichbehandlung verschiedener Verkehrsträger (Logik: freie Auto-Fahrt auf Kosten der Velos) kritisiert wird, führt dies zu gehässigen Kommentaren der wie immer atemberaubend selbstgerechten Autofahrer-Fraktion: Das Velo sei für die Fortbewegung im Winter eh ungeeignet und ein enormes Unfallrisiko, wer im Winter Velo fahre, müsse einen an der Waffel haben, und weil die Velofahrer sowieso keine Strassensteuern zahlten, hätten sie auch gar nichts zu melden. (hier nachzulesen)


So werden Velo-Pendler am Winterthurer Bahnhof begrüsst (oben)


Und auch gegenüber vom Neumarkt bleibt dank den Schneeräum-"Künsten"
der Boys in Orange nicht viel vom Velostreifen übrig.



Dazu stelle ich fest: Die Strassenräumung wird wohl eher aus den Kassen der Kommunen finanziert als aus der Motorfahrzeug-Steuer. Und Velofahrer zahlen auch reguläre Steuern, jedenfalls die meisten. Dass die Autofahrer über die Berechtigung von Forderungen seitens der Velofahrer urteilen wollen, selber aber auf der umgehenden Schwarzräumung der Strassen pochen und andernfalls reihenweise Unfälle bauen, ist auch etwas seltsam. Von mir aus dürfte der Schnee gerne durch Walzen verfestigt statt halbbatzig und nur bis zum Velostreifen geräumt oder mit Unmengen von Salz bekämpft werden.


Weitere Beispiele von schneeräumungsbedingten Verengungen der Velostreifen:
Technikumstrasse (oben) und Kreuzung Schützen- und Neuwiesenstrasse.


Wenn man wegen der winterlichen Strassenverhältnisse doch mal ins Rutschen geraten sollte, ist ein Velo einfach wieder unter Kontrolle zu bringen: Ein Fuss von der Pedale, Gegensteuer geben und Finger weg von der Bremse - mehr braucht es meist nicht. Wenn dagegen ein Auto ins Rutschen gerät, wird es brandgefährlich. Wie zuletzt in Adliswil, als ein Fussgänger auf dem Trottoir von einem BMW erfasst wurde. Dessen Fahrer, ein 27-jähriger Schnösel, hatte auf den "Luxus" von Winterreifen verzichtet und in einer langgezogenen Kurve die Kontrolle über seinen  Wagen verloren.


Echt gefährlich: Der Abzweiger selber ist schwarzgeräumt,
aber fünf Meter später lauert so ein "Vorderrad-Fänger".

Kurzum: Wer im Winter mit dem Velo unterwegs ist, gefährdet sich schlimmstenfalls selbst - meist aber nicht einmal das. Wer dagegen mit dem Auto unterwegs ist, gefährdet auch andere. Und darum akzeptiere ich von Autofahrern nicht einen undurchdachten, faulen Spruch zu dieser Thematik. Und die Boys in Orange aka der Strassenunterhalt darf gerne die Gewohnheiten ändern und die Strasse bis zum Randstein räumen. Denn sonst erschweren sie den Velofahrern die Fahrten im Winter noch zusätzlich, und das kann wohl kaum der Sinn sein.


Und dann gibt's noch das Phänomen der Parkfeld-Schneemaden:
Diese ist gut 20cm hoch, und das mitten in der Fahrbahn.

Alle Bilder in diesem Beitrag sind übrigens am 14. Dezember innerhalb einer Viertelstunde entstanden, aufm Weg von meiner Wohnung zum Bahnhof und wieder retour. An gefährlichen Stellen mangelt es leider nicht. Und das in der selbsterklärten Velostadt Winterthur.

Weitere Links zur Thematik Schneeräumung und Velostreifen:
Winterthur, Dezember 2008 - und sie haben nichts dazu gelernt...