Sonntag, 25. November 2012

Expo mit Pyromanen-Bonus

Mit seiner Handelsfirma Double Dutch GmbH bringt mein Bruder Sjoerd "dutch goods for good moods" in die Schweiz - Lastenräder, Hollandräder, Fahrrad-Taschen sowie Möbel, Bäder und Öfen des Design-Labels "Weltevree". Dieses Wochenende präsentierte er sein Sortiment in der Walzmühle.

Draussen das Feuer, drinnen die Ausstellung mit Bädern und Rädern.

Weil viele der Produkte im Sortiment von Double Dutch mit Feuer zu tun haben, kam ich mal wieder zum Holzhacken - mit einer schwedischen Qualitätsaxt von Gränsfors, versteht sich. Drinnen in der Walzmühle sowie im Warenlift waren die meisten Produkte ausgestellt, zudem standen verschiedene Fahrräder für Testfahrten bereit.



Draussen stand ein stählerner Outdoor-Ofen bereit, den wir entsprechend einheizten. Denn über ein Catering-Unternehmen hatte Sjoerd Elsässer Flammküchle organisieren können, die vor dem Verzehr nur noch einige Minuten auf dem heissen Schamott-Stein im Ofen gebacken werden mussten - und vorzüglich schmeckten.



Dazu gab es niederländisches Bier (Grolsch aus der Bügelflasche) sowie Kaffee, Wein, Apfelsaft und Prosecco. Es wurde ein gemütlicher Abend, auch weil das Wetter mitspielte: Es war trocken und nicht allzu kalt.  

Freitag, 16. November 2012

Einmal Nyon und zurück

An diesem Freitag hab ich mir mal wieder ein paar Stunden auf Schweizer Autobahnen angetan. Und bin mal wieder zum Schluss gekommen, dass ich niemand verstehen kann, der sich das täglich antut.

Die Zumutungen hielten sich diesmal zwar in Grenzen: Ich musste nie mit einer Reaktion eine Kollision vermeiden, die Verkehrsteilnehmer verhielten sich weitgehend zivilisiert. Eine Ausnahme war  aufm Hinweg bereits am Brütiseller Kreuz ein Gefahrgut-Transporter von Avia, der sehr abenteuerlich die Bahnen wechselte - um zwei Uhr nachmittags bei nicht wenig Verkehr.


War es in Winterthur und Effretikon noch sonnig gewesen, herrschte ab Winterthur wieder Grau in Grau, und kurz vor Murten wurde die Suppe nur noch dicker. Unter 200 Meter fiel die Sichtweite zum Glück nie, aber die vielen feinen Wassertropfen in der Luft machten den Scheibenwischer nötig. Dank dem Navi fand ich die Zieladresse problemlos, wo ich einen Dutchtub anzuliefern hatte.


Trotz einiger baustellenbedingter "Propfen" bei Lenzburg, Aarau Ost und Yverdon war ich sogar noch ein paar Minuten zu früh am Ziel. Also Wanne abladen, an den Standpunkt im Garten tragen und dort Instruktionen zum Vorgehen geben - en français. Nach einigen Schnappschüssen von der Nebelsuppe machte ich mich auf den Rückweg - laut Navi exakt 300km standen mir bevor, fast alles auf der Autobahn.



Und wieder begann es zäh: Nach einigen Kilometern auf einer kurvigen Nebenstrasse staute der Verkehr schon an einer Ampel vor der Autobahn und dann aufm Weg von Nyon bis Lausanne-Crissier ging es nur zäh voran. Auch wegen zweier Auffahr-Unfälle und eines weiteren, verendeten Fahrzeugs auf der Fahrbahn. Wenn's schon Feierabend-Verkehr hat, muss man auch noch Unfälle bauen, grosses Kino!


Ab Lausanne-Crissier begann der Verkehr wieder zu fliessen, rund um Bern gab es auch keine Probleme, und selbst am Gubrist gab es für einmal keinen Stau. Das gibt es also doch, eine Anfahrt auf den Gubrist ohne im Kolonnen-Verkehr stecken zu bleiben. So war ich schon um 21 Uhr wieder in Frauenfeld, stellte das Gespann beim Bahnhof ab und fuhr entspannt per Zug zurück nach Winterthur. Feierabend.

Dienstag, 13. November 2012

Pieros 20ste

Am vergangenen Samstag wurde mein Neffe Piero 20 - und lud darum am Sonntag Nachmittag zum Familienfest. Einige Schnappschüsse liefere ich hier gerne nach.

Gemach, Piero: Das Messer gehört in das andere Weisse... 

Genau, in die Geburtstags-Torte mit Widmung. 


Die Szene mit Lochkamera-Filtereffekt... 

... mit Miniatur-Filtereffekt... 

... und mit Farb-Übersättigung, was ein leicht bizarres Resultat zeitigte.

Auch Nonna Antonia gesellte sich zur Torte, während sich der 
Rest der Besucher als Papparazzi versuchte.


Samstag, 10. November 2012

Autoidiotie - Verkehrsalltag


Zur Zeit haben die Velo-Hasser in den Kommentar-Spalten mal wieder Hochkonjunktur. Dabei sollten sich Auto-Fetischisten mal an der eigenen Nase fassen, denn sie führen die Verkehrsplanung mit Idiotie und Garantie ad absurdum.

Am späten Samstagnachmittag schwang ich mich noch kurz aufs Bike, um nach einem Geschenk für meinen Neffen Piero zu suchen. Denn der wird morgen auch schon wieder Zwanzig. Also flitzte ich vorbei an den Eulachhallen und den Fussball-Plätzen, bog in die Schützenstrasse ein - und sah mich einem veritablen Idioten-Propfen ausgesetzt, verursacht von denkresistenten Automobilisten. Denn die Stadt hat am Anfang der 30er-Zone auf der Schützenstrasse eine Insel gebaut, welche die Fahrbahn verengt. Stadtauswärts radelnde Velofahrer können rechts daran vorbei flitzen, aber Autofahrer müssen hier vom Gas. 

Danke auch: Die Solidarität der Blechkutscher bringt diesen freie Fahrt in die 30er-Zone.
Für die Radfahrer bedeutet es, dass der eindeutig markierte Streifen blockiert wird. Sauerei!

Es sei denn, dass ihnen der Gegenverkehr Platz macht - und zu diesem Zweck schamlos den markierten Velostreifen blockiert. Genau diese Situation traf ich an: Drei Karossen verstellten den Radstreifen. Leider hatte ich meine Kamera ausnahmsweise mal nicht dabei, um das Fiasko abzulichten, darum muss die Skizze oben reichen. Dies ist nur ein Beispiel für die täglichen, kleinen Zumutungen, die aus purer Denkfaulheit von Blechkutschern verursacht werden und das Velofahren in urbanen Gebieten zu einer konstanten Zumutung und einer Herausforderung an Reflexe und Koordination machen. Spuren verstellen, Weg abschneiden, Rechtsabbiegen ohne Blinken oder Blick über die Schulter, Handy am Ohr statt Hände am Steuer: Die Liste ist lang. 

Autofahrer sollten darum ganz schnell damit aufhören, allen Velofahrern pauschal vorzuhalten, sich nicht um die Verkehrsregeln zu kümmern. Frei nach der Bibel entgegne ich ihnen Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein. Der Rest soll ganz schnell die Fresse halten - und ja, den Radstreifen frei machen. Das ist besser für meine Nerven und für den Lack wie die Seitenspiegel der Spritschlucker.

PS: Leute wie der laut eigenen Angaben partei-, aber mitnichten feindbildlose Kommentarschreiber Daniel Münger sind arrogante Arschlöcher. Der Typ outet sich offen als "Velogegner", findet dass Velos auf Hauptstrassen schon einmal gar nichts verloren haben und wirft Velofahrern pauschal die Missachtung geltender Regeln vor. Mit solchem Pissern diskutiert man besser gar nicht, denn das führt nur zu garantierter Verstimmung, aber nie zu Lösungen.
Wer sich Münger'sche Ergüsse dennoch antun will: Hier sind sie zu finden, erster Kommentar um 13:16 Uhr, vollkommen deplatzierte Replik auf meinen Kommentar dann um 14:05 Uhr. Diskussion heisst nicht, dem missliebigen Gegenüber Aussagen oder gar gesetzeswidrige Taten zu unterstellen. Das ist Polemik pur und führt zu genau den Grabenkriegen, von denen der selbst ernannte Velogegner und von mir deklarierte Vollpfosten Münger angeblich die Schnauze voll hat. Wer der Schleimspur Müngers durchs Netz folgt, wird schnell merken: Er ist ein Grabenkrieger, und zwar ein unermüdlicher, der in Linksgrünen den Untergang der Menschheit zu erkennen glaubt. Man darf auch davon ausgehen, dass Münger den Köppel-Kurier (auch als "Weltwoche" bekannt) abonniert hat. Jetzt aber genug von diesem Ungustl.

Freitag, 9. November 2012

Der passende Sattel?

Als ich gestern vom Einkaufen zurück kam, kam mir auf den letzten Metern ein DHL-Lieferwagen entgegen. Wie sich heraus stellte, hatte mir dieser ein Päckchen gebracht. Freude herrscht!

Als grösster Hersteller von Fahrrad-Komponenten ist Shimano auch in Sachen Anbauteilen wie Lenker, Vorbau, Sattel, Sattelstützen und dergleichen aktiv. PRO BikeGear nennt sich die Marke, und für 2013 hat sie ein neues Online-Tool zur Sattelanpassung lanciert. Beim "Saddle Selector" sind zwei Fragen zur Beweglichkeit und zum Fahrstil zu beantworten, dazu gibt es eine Reihe von Optionen in Sachen Farben und Material des Sattelgestells.


Da PRO Sättel in verschiedenen Breiten anbietet, muss zudem der Abstand der Sitzhöcker ausgemessen werden. Das wird normalerweise beim Fachhändler erledigt, über den auch die Bestellung läuft. Ich habe es gleich während der Eurobike-Messe Ende August gemacht. Etwa im Oktober sollte der Sattel geliefert werden, exakt nach meinen Spezifikationen und entsprechend meinen Angaben im Web.


Nun, gestern ist das Teil eingetroffen. Das Paket war überraschend gross, aber der Absender stimmte: Shimano Europa, Niederlande. Im voluminösen Karton, sogar mit dem Vermerk "Fragile" versehen, steckte zu etwa drei Vierteln Luftpolster-Füllmaterial. Und darin eingebettet eine blaue Box mit Klettverschluss. Diese wirkt stabil und ist ihrerseits nochmals ausgeschäumt. Der Sattel wird schon fast wie ein Kronjuwel angeliefert.


Als erstes hab ich den "Turnix MTB" gleich mal photographiert und gewogen: 215 Gramm wiegt das gute Teil. Und ist damit deutlich leichter als der alte, für meine Zwecke schon sehr grosszügig gepolsterte SQ Lab mit seinen 377 Gramm. Dass das Sattelgestell meines "Turnix MTB" aus Titan gefertigt ist, hilft in dieser Hinsicht.


Bei der Farbwahl habe ich mich bewusst zurückgehalten, weil mein Cannondale Jekyll in Blau/Gelb schon farbig genug daher kommt. Die Form des Sattels ist schnittig, ohne in Richtung Küchenbrett abzudriften, das Obermaterial aus zähem Kunstleder gefertigt. Eine leichte Vertiefung im Bereich der Sattelmitte verspricht zusammen mit der straffen Polsterung Komfort, die Sattelnase ist nicht zu hart.


Auch die Verarbeitung kann sich sehen lassen, wie der Blick unter die Satteldecke zeigt. Keine Leim-Reste, freistehende Nieten oder lose Ecken des Obermaterials sind zu finden. Statt dessen verdeckt eine verschraubte Kunststoff-Leiste den Übergang von Satteldecke zu Obermaterial. Eine saubere und wohl auch dauerhafte Lösung. Ob der Online-Service von PRO BikeGear mir auch wirklich den passenden Sattel beschert hat, werden die kommenden Ausfahrten zeigen. Mal wieder ein guter Grund, dem alten Jekyll die Sporen zu geben, um ein Urteil zum Sitzkomfort abgeben zu können. Der erste Eindruck ist auf jeden Fall schon einmal gut.

Mittwoch, 7. November 2012

US-Wahlen: Eine Nachbetrachtung

Wenn man die Meldungen der meisten Medien für voll nahm, war in den USA die knappste Präsidentenwahl aller Zeiten zu erwarten. Es kam anders, und so grausam überraschend war das auch nicht - wenn man zwischen den Zeilen zu lesen vermag und das Wahlsystem der USA nicht nur im Ansatz versteht.

Hinterher wollen es alle besser gewusst haben - immer und überall und erst recht nach US-Präsidentschaftswahlen. Aber nur einer kann sich heute selbst auf die Schulter klopfen, bis diese wund ist: Nate Silver hat auf seinem FiveThirtyEight-Blog auf NY Times Online den Wahlausgang sehr treffend vorausgesagt. Und sich dabei auf Zahlen aus Meinungsumfragen abgestützt, die allen offen standen. Bloss dass Silver diese Zahlen ohne ideologische Brille betrachtet und daraus die richtigen Schlüsse gezogen hat.

Eine taiwanesische TV-Station hat den US-Wahlkampf bereits in Manga-Manier verwurstet.

Bei republikanischen Laut- und Vielsprechern war Silver dennoch als Liberaler und Linker verschrien, weil er das viel beschworene Momentum Romneys nach der ersten, aus seiner Sicht gelungenen Fernsehdebatte in Denver schon bald als verebbt bezeichnete und dem Duo Mitt Romney/Paul Ryan keine echte Chance auf einen Sieg an der Urne (oder was in den Staaten sonst noch an origineller bis fragwürdiger Apparatur zum Einsatz kommt, um den Willen von Wählerinnen und Wählern zu erheben) einräumte.

Eine Zusammenstellung von Tweets aus den Tagen vor der Entscheidung.

Auch ich habe mich per Twitter in den Tagen vor der Entscheidung einige Male zu den bevor stehenden US-Wahlen geäussert - und dabei einige Dinge festgestellt, die nun von teuer bezahlten Experten bestätigt werden. Etwa, dass sich die Republikaner zu sehr auf weisse Männer versteiften und mit unbedachten Äusserungen die eigenen Wahlchancen bei Frauen (Abtreibungen nach Vergewaltigungen, "binders full of women"), Schwarzen und Latinos (Der Ruf nach verschärften Immigrationsgesetzen und der 47-Prozent-Sager von Romney lassen grüssen) torpedierten.

Yes, he gets a second chance for change: Barack Obama.

Am frühen Dienstagabend erwartete Nate Silver, dass Barack Obama 310 Elektorenstimmen gewinnen werde. Selbst vermeldete ich um 19:30 Uhr, dass 300 Stimmen ein schöner Erfolg und alles darüber hinaus eine Zugabe wären. Wie wir nun wissen, werden es wohl eher über 330 Stimmen im Wahlkollegium werden, da Florida auch noch dem Amtsinhaber zufallen dürfte. Kein Wunder, dass Donald Trump am Rad drehte und allen Ernstes zum Marsch auf Washington und zur Revolution aufrief, um diesen illegitimen Präsidenten aus dem Amt zu jagen. Kein Witz, die Trump'schen Tiraden sind hier übersichtlich zusammen gefasst.

Anschauen auf eigene Gefahr: Sarah Palin, kein bisschen schlauer als früher.

Als die Felle von Romney/Ryan davon zu schwimmen begannen, aber noch kein offizielles Resultat verkündet war, bekam die unsägliche Sarah Palin auf Fox News (wo sonst?) Gelegenheit, schon einmal präventiv Gift und Galle zu verspritzen und den Untergang der USA vorher zu sagen. Dagegen sind einige der penetrantesten Kampf-Kommentatoren in der Schweiz heute auf wundersame Art und Weise verstummt, wie der famose Heinrich Schibli: Einem Don Quijote (oder eher einem Donkey Schibli) gleich ritt er in den Wochen vor den Wahlen Angriff um Angriff gegen den von ihm empfundenen, liberalen Gutmenschen-Mainstream, ob in den USA, "den Medien" (etwa der Weltwoche?) oder der Schweiz.

Er prophezeite eine grosse Überraschung, auf die er dann anstossen werde. Und er sparte nicht mit Hohn und Verachtung gegenüber all den Nichtwissern und unkritischen Propaganda-Schluckern (also gegenüber allen, die nicht seiner Meinung waren). Um es im Klartext zu sagen: Herr Schibli, Sie sind ein unsäglicher Dummschwätzer und leiden an ideologischer Verblendung, die zu Wunschdenken führt. Das ist nichts gut schweizerisches. Das ist ein Nachäffen von Teaparty-Verblödung. Und ja, so ein Ruf bleibt haften.

Samstag, 3. November 2012

Worte sind Schall und Rauch

Amerikanern wird oft ein Faible für Pathos nachgesagt, oder gar für Kitsch. Auch Lance Armstrong hat immer wieder dick aufgetragen. Aber einige seiner Worte klingen nun nur noch hohl, irreführend und falsch.

Nachdem Lance Armstrong 2005 seine siebte Tour de France en suite gewonnen hatte, richtete er sich bei der Siegerehrung zuerst an den Zweit- und Drittplatzierten. Jan Ullrich und Ivan Basso sollten ein Jahr später wegen ihrer Verwicklung in die Fuentes-Affäre nicht zur Tour starten dürfen. Nun aber standen sie auf den Champs Elysées neben dem Rekordsieger auf dem Podium. Und hörten zu, wie dieser sich zuletzt auch an seine schon damals vorhandenen Kritiker richtete. Und zwar mit den folgenden, vor Pathos triefenden Worten: 

"But finally the last thing I’ll say to the people who don’t believe in cycling, the cynics and the sceptics. I'm sorry for you. I’m sorry that you can’t dream big. I'm sorry you don't believe in miracles. But this is one hell of a race. This is a great sporting event and you should stand around and believe it. You should believe in these athletes, and you should believe in these people. I'll be a fan of the Tour de France for as long as I live. And there are no secrets - this is a hard sporting event and hard work wins it.
"So Vive le Tour for ever. Thank you!"


Von Skeptikern und Zynikern
Was wir heute wissen: Die Skeptiker und die Zyniker, die laut Armstrong nicht im grossen Stil träumen können, hatten die ganze Zeit recht. Sie liessen sich nicht korrumpieren, verführen oder verarschen. Oft ist Skepsis eine nützliche Sache. So wie Armstrong und seine Teams mit den Gegnern spielten, mussten schon damals alle Warnlichter aufblinken. Wie übrigens auch an der Tour de France 2012 angesichts der Dominanz des SKY-Teams, hinter die ich ebenfalls ein grosses Fragezeichen setze. Angesichts der sich häufenden Indizien gegen Armstrong - einer nach dem anderen flogen ehemalige Teamkollegen wegen Dopings auf - war klar: Irgendwann musste die Mauer des Schweigens Risse bekommen. 



Der verführerische Lügner - passt irgendwie zu Lance. Und vielen anderen im Metier.


Dass die Praktiken des pharmazeutischen Wettrüstens nun auf den Tisch kommen, sauber dokumentiert in der Urteilsbegründung der USADA und abgestützt auf Zeugenaussagen unter Eid, muss für den Radsport nicht von Nachteil sein. Man kann es auch als dringend notwendige Katharsis sehen, denn viele der Akteure von damals nehmen im Radport noch immer Schlüsselfunktionen ein: Hein Verbruggen als Ehrenpräsident des Radsport-Weltverbandes UCI, der damalige Verantwortliche für den Strassenradsport Pat McQuaid als UCI-Präsident, Johan Bruyneel als Directeur Sportif, Doktor del Moral und José "Pepe" Marti als Sportarzt beziehungsweise Soigneur. 

Ein klarer Schnitt tut Not
Damit sich etwas zum Besseren wenden kann, muss sich der Radsport zwingend von dieser Art Personal trennen. Und da ist nicht nur die UCI gefragt: Auch die Teams müssen einsehen, dass ein Neustart nicht als potemkinsches Dorf funktionieren kann, hinter dessen blitzblanken Fassaden die alten Netzwerke weiter die Umgehung der geltenden Regeln perfektionieren. Man darf gespannt sein, auf welche Weise die Untersuchungskommission zusammengesetzt werden wird, die bis im Juni 2013 einen Bericht zur Dopingkultur im Radsport der vergangenen 15 Jahre erarbeiten soll. Und mit welchen Kompetenzen die Kommission ausgestattet wird. Oder im Klartext: Welche Fragen sie untersuchen darf.

Karikatur: zapiro.com

Der Radsport ist grösser als all die Skandale, die ihn seit jeher begleiten. Die Symphonie aus Mensch, Mechanik, Wetter und Landschaft, die Dynamik verschiedener Rennkonstellationen ist nicht auf übermenschliche Leistungen angewiesen. Selbst wenn die Profis an der Tour de France im Schnitt mit zehn Stundenkilometern weniger unterwegs wären, täte dies der Spannung keinen Abbruch. Die Anstrengung in den drei Wochen wäre auch dann noch immens, die Magie der Tour ungebrochen. Bloss würde dieser stets präsente, quälende Hintergedanke nach der Sauberkeit der soeben gezeigten Leistung etwas in den Hintergrund treten. Und damit den Genuss beim Konsum des Produkts Radsport erhöhen.

Aufklärung statt Glauben
Glauben, zumal an Wunder, hat sich in den vergangenen 15 Jahren als wenig praktikable Strategie im Umgang mit der Dopingproblematik erwiesen. Zumal wenn dies ein Glaube ist, der als "Kirche der Scheuklappen" aka "Santa Ecclesia del'Omerta" durchginge. Was nun gefragt ist, nennt sich umfassende Aufklärung, und die von einigen ins Spiel gebrachte Wahrheitskommission wäre wohl nicht der schlechteste Ansatz. Denn ein Neuanfang ohne Aufarbeitung der Vergangenheit ist zum Scheitern verurteilt. Wo wir schon bei der Vergangenheit sind: Als verspätete Antwort auf Lance Armstrongs gequirlte Pathos-Kacke von Ende Juli 2005 sag ich:

Lance, I am so not sorry for you.
But I am sorry for what you did to cycling. 
You have destroyed the dreams of many.
You have destroyed the careers of some. 
You have badly damaged the image of a great sport. 
You are a complete disgrace to the values of fairplay and sportsmanship. 
If you want to show a little decency: Never compete again. Never ever line up to a race again next to athletes that have not been corrupted by big money and performance enhancing drugs yet. Stay away from sports. 
If you like, start a career with the Mafia, that is where your talents such as intimidation, smearing and blackmailing will yield the biggest profits. And while you're at it: Take Johan Bruyneel with you.
Or better yet: Come clean.
That would be the best you could do for the sport.

Freitag, 2. November 2012

Nightride mit unverhoffter Zugabe

Am Donnerstagabend schwang ich mich um halb Acht auf mein kleines, grünes Elend. Schliesslich wartete Ashima's Pancake Brake darauf, im Gelände getestet zu werden. Und die Temperaturen waren mit rund 10 Grad auch im angenehmen Bereich.

Also durchquerte ich zuerst die Altstadt, kurbelte die Flanke des Eschenbergs hoch und musste auf dem folgenden Pfad mehrmals vom Rad, weil Fallholz die Route blockierte. Der nasse Schnee des vergangenen Wochenendes war für manche Bäume und Sträucher halt doch zu viel. Und zudem waren einige Wege in einem himmeltraurigen Zustand, weil manche Reiter auch bei Nässe die schmalsten Wege wählen - und diese dann wie einen Acker aufwühlen.

Kurz nach dem Wendepunkt in Sennhof: Noch ist das Bike nur mässig eingesaut.

Zu meiner eigenen Überraschung brachte ich ordentlich Druck auf die Pedale und erreichte schon bald den Wendepunkt der kleinen Feierabend-Runde in Sennhof. Noch war das Jackal nur mässig eingesaut, und eine weitere Erkenntnis war erfreulich: Nicht der Scheinwerfer meines Hope Vision 2-Lichtes hat einen Wackelkontakt, sondern der kleinere der beiden Akkus.

Keine 20 Minuten später sah das schon anders aus - Töss-Uferweg sei Dank.

Wie ich die ersten Bilder meine Bikes knippste, sah ich, wie sich eine weitere Gruppe Biker auf der anderen Flussseite näherte. Was ich schon vermutete, bestätigte sich kurz darauf: Auch diese nahmen den kleinen Töss-Uferweg in Angriff, der zu dieser Jahreszeit nicht nur schmal und verwinkelt, sondern stellenweise auch abenteuerlich schlammig ist.

Abendliches Selbstportrait mit leicht beschlagener Brille.

Gleich nach der ersten, breiteren Passage machte die Gruppe eine Pause - und gab mir damit eine Chance, gleich vorbei zu ziehen, um in der Folge freie Bahn zu haben. Nun, es wurde eine wilde Fahrt um die Ecken und immer wieder über Fallholz oder geduckt unter abgebrochenen Ästen durch. Einmal hatte ich sogar richtig Glück, weil ein grosser Ast gegen die Fahrtrichtung in den Pfad ragte.

Mit frisch eingesauten Bike-Klamotten an ein Live-Konzert? Kein Problem im Widder!

Ich sah den Ast erst im letzten Moment und hatte Glück, mir diesen nicht in den Unterleib zu rammen - aber zum Stillstand brachte er mich. Und wenn ich den linken Bremshebel verdrehsicher am Lenker montiert hätte, wäre er wohl abgebrochen. So schaute er nach dem Aufprall auf den Ast nur nach hinten. Wenig später flitzte ich schon an den Fussball-Feldern am Reitplatz vorbei, und einige Minuten später fand ich mich in der Altstadt im Gewühl des Weihnachtsmarktes wieder - Raclette und Glühwein inklusive und damit olfaktorisch eine Herausforderung.

Schlagzeug und Cello - eine wirklich ungewohnte Kombination.

Nachdem ich mein Bike abgeschlossen hatte, betrat ich den "Gasthof zum Widder", und der war bereits für ein Konzert der Combo "Guts Pie Earshot" vorbereitet. Noch sagte mir diese Zweimann-Band nichts, aber die installierten Instrumente waren schon einmal ungewöhnlich: Ein Schlagzeug, ein Keyboard mit Percussion-Erweiterungen und - ein Cello mit Wahwah-Verzerrer.

Keine Stufe zwischen Bühne und Publikum: Auch Konzerte sind im Widder unhierarchisch.

Das Versprach schon einmal etwas, aber das Resultat war nochmals besser: Die Musik von "Guts Pie Earshot" oszilliert zwischen Techno, Ambient und Metal, ist treibend, tanzbar und doch sehr eigen, nur schon durch das verzerrte Cello, das mal wie ein Streichinstrument, mal wie eine e-Gitarre klingt. Frei nach Fat Boy Slim würde ich zu dieser Musik meinen: "If this don't make your body move, your body must be dead!"


Das Konzert dauerte inklusive Zugabe rund zwei Stunden, aber diese Zeit verging wie im Flug - mal abgesehen davon, dass das Wetter gegen halb Elf Uhr umschlug: Der Wind frischte auf, die Temperaturen gingen zurück und dann setzte Regen ein. Mir war das egal: Die Kleider waren eh schon eingesaut und mussten am folgenden Tag in die Waschmaschine, ich selbst musste auch noch um Mitternacht duschen.


Aber das hat man davon, wenn man direkt vom Biken zu einem Live-Konzert geht, das sich als gut erweist. Und somit eine unverhoffte Zugabe nach einem spassigen Nightride bot.