Sonntag, 15. Januar 2012

Greenhouse Urban Mountainbike Race

Ob Dual-Rennen in der Kiesgrube oder ein Pumptrack-Race im Treibhaus: Adrian Kiener ist immer für überraschende Bike-Events gut. Das war auch am zweiten Samstag des Jahres 2012 in Ostermundigen nicht anders.


 
Beim "Bergamont Greenhouse Urban Mountainbike Race" traten die 32 schnellsten der von Adrian Kiener geladenen Mountainbiker im Gewächshaus der Gärtnerei Kiener in Ostermundigen abends zu den spektakulären Finalläufen an. Im kleinen Finale sicherte sich Manuel "McManual" Rauch gegen Sidney Gerber Rang Drei. Die Entscheidung um den Sieg fiel zwischen dem Gastgeber und dem Winterthurer BMX- und Fourcross-Profi David Graf.


Auf dem Weg ins Finale hatte Kiener (Bild oben, links) unter anderem Roger Rinderknecht (Mitte) eliminiert, was schon einmal eine Leistung für sich ist. Graf bewies auf dem Weg ins Finale, dass die Sportler-RS ein ideales Trainingsumfeld ist. Er gab sich keine Blösse, schraubte seine Zeit Runde für Runde tiefer und entschied schliesslich das hochstehende Finale mit 17 Hundertstel Vorsprung für sich.


Doch damit noch nicht genug: Nach dem Pumptrack Race wartete mit dem "Chris King Goldsprint" noch ein zweites Rennen, und auch dort gaben die Fourcross- und BMX-Spezialisten den Ton an. Schon in der Qualifikation belegten sie die ersten drei Plätze, wobei Pascal Seydoux schneller als Roger Rinderknecht und David Graf. Erstaunlich gut schlug sich für einen Downhiller Ludovic May.


Als es um die Platzierungen und die Sachpreise von Chris King ging, waren die Fourcrosser und BMXer endgültig unter sich: Im kleinen Finale konnte Renato Rufener knapp vor Lukas Jäger gewinnen, im grossen Finale bewies Roger Rinderknecht seine Klasse. Als einziger schaffte er trotz immer kürzerer Ruhepausen zwischen den Läufen, Runde für Runde schneller zu werden. Vor allem aber behielt er den Überblick über die Rennsituation und trat nur so schnell in die Pedale, wie dies für den Sieg nötig war. Die Taktik ging auf, im Finale legte Rinderknecht die schnellste Zeit des Tages hin und distanzierte Pascal Seydoux um über eine Sekunde.


Zwar lichteten sich die Reihen nach den Siegerehrungen, aber der DJ legte noch bis nach 3 Uhr Musik auf, um 4 Uhr quittierten die Jungs von der Security ihren Dienst. Bis nach 5 Uhr in der Früh liessen wir den Abend noch ausklingen, dann rollte ich meinen Daunen-Schlafsack auf einem der Sofas aus und schlief die folgenden 5 Stunden wie ein Stein. Der Kater am Morgen erinnerte mich dann unsanft daran, dass ich nicht mehr ein 20-jähriger Jungspund bin.    

Mittwoch, 11. Januar 2012

Adelaide? Eher nicht.

Manchmal hab ich das Gefühl, dass sich die Vorwarnzeit für Presse-Events umgekehrt proportional zur Distanz zu eben diesem Event verhält. Jüngstes Beispiel: Eine Einladung nach Adelaide, eine Woche im Voraus zugestellt.

Zugegeben: Nach Australien würde ich gern mal reisen - zumal im Winter, wenn man auf der Südhalbkugel den Sommer geniessen könnte. Die Einladung von Scott Sports SA, am 14. Januar in Adelaide an der Präsentation des überaus erfolgreich gestarteten, australischen Radsport-Teams GreenEdge Teil zu nehmen, werde ich aber dennoch nicht annehmen. Denn das offizielle Programm besteht nur aus genau diesem einen Tag - und dafür ist der Reisestress und der aus der Fliegerei resultierende CO2-Fussabdruck dann doch etwas zu derbe.


Um das offizielle Programm noch sinnvoll auszubauen, reicht hingegen die Zeit nicht aus: Da hätte man mindestens 6 Wochen im Voraus Bescheid wissen müssen, um weitere Termine fixieren und für die Welt des Radsports interessante Orte auswählen  zu können. Nun ja: Dear POMs, maybe I'll visit your country another time.

Gelöschte Kommentare: Inkonsequenz? Eine Replik

Da Blogspot mir als Inhaber dieses Blogs keine Antwort auf Kommentare erlaubt, habe ich in den vergangenen beiden Tagen zwei Kommentare gelöscht, die ich nicht unwidersprochen stehen lassen wollte oder konnte. Mit Diskussionsverweigerung oder einem gestörten Verhältnis zur Meinungsäusserungsfreiheit hat das nichts zu tun.

Ein und derselbe, anonyme Kommentarschreiber hat mir zuerst im Hinblick auf sportrechtliche Verfahren Inkonsequenz vorgeworfen: Bei Hildebrand, so der Kommentar, beklage ich den offensichtlichen Verstoss gegen die Unschuldvermutung und die Verwendung widerrechtlich erlangter Indizien zu seiner Demontage, bei Dopingverdächtigen rufe ich dagegen undifferenziert nach der Guillotine. Darauf wollte ich gestern ebenfalls in Form eines Kommentars antworten, was mir Blogspot aber glatt verweigerte. Die Folge: Der gleiche Kommentarschreiber warf mir Diskussionsverweigerung und ein gestörtes Verhältnis zur Meinungsäusserungsfreiheit vor. Weil weder das eine noch das andere mein Ding ist, will ich darum in Form eines regulären Postings antworten.

Wieso soll Doping überhaupt bekämpft werden? Der professionelle und kommerzialisierte Sport ist neben vielem anderen auch ein Werbeträger. Doping ist ein Regelverstoss, der Sponsoringengagements nachhaltig entwertet, ja sogar in diametralem Gegensatz zu den Werten stehen kann (und dürfte), für die der Sponsor eigentlich werben wollte. Doping entwertet aber auch das Produkt Sport als solches. Die Probleme, die Übertragungsrechte etwa einer Tour de France dem Meistbietenden zu verkaufen, sprechen dafür Bände. Manche Medien mögen sich das Schmuddelkind nicht mehr stundenweise antun, zumal Sieger um Sieger nachträglich als Schwindler auffliegt. Dass die gleichen Sender dafür stundenlang Biathlon und Boxen zeigen, wo die Verbände einfach Dopingbekämpfung durch Wegschauen praktizieren, ist wieder ein ganz anderes Thema.

Klare Regeln und Prozeduren gegen Doping...
Um das Funktionieren der kommerziellen Ebene zu sichern, hat der Sport darum auf organisatorischer Ebene Gegensteuer gegeben. Hier ist vor allem die WADA und ihr Code zu erwähnen, der für alle Sportarten von Relevanz ist, die olympisch sind. Dieser WADA-Code definiert nicht nur die verbotenen Mittel und Methoden, die Mindeststrafmasse bei Verstössen und die zwingend durchzuführenden Kontrollen an Wettkämpfen: Vor allem sieht dieser Code bei Sportlern, in deren Blut oder Urin verbotene Substanzen gefunden werden, die Umkehr der Beweislast vor - "strict liability" nennt sich das. Vom Moment der positiven B-Probe an muss ein Athlet seine Unschuld beweisen, um noch aus dem Schneider zu kommen.

Dieses Prinzip der "strict liability" ist hart, zweifellos. Aber diese Regeln sind jedem Athleten bekannt, und mit dem Lösen einer Lizenz bei einem der WADA angeschlossenen Verband anerkennt ein Athlet faktisch, diese Regeln zu kennen und wichtiger noch: sie anzuerkennen. Zugleich sind die Prozeduren bei der Probe-Entnahme seitens der Kontrolleure peinlichst genau einzuhalten. Wenn diese pfuschen (das kann von einem "nicht korrekten" Zeitpunkt der Probeentnahme über die Lokalität für selbige bis zum Fehlen einer Unterschrift auf dem Protokoll der Kontrolleure reichen), öffnen sie dem betroffenen Athleten eine Hintertüre, um aus dem Fall ohne materielle Beurteilung raus zu kommen.

... und Wildwest-Methoden gegen Hildebrand
Genau dieses Einhalten der Prozeduren ist im Fall Hildebrand in keiner Weise gegeben. Unter Verstoss gegen das Bankkundengeheimnis erlangte Kontodetails gelangten über im Detail noch nicht restlos geklärte Wege zum Weltwoche-Journalisten Urs Paul Engeler, der darauf eine seit einem Jahr laufende, voll auf die Person Hildebrands abzielende Kampagne fortführen konnte. Auf dieser Grundlage wäre kein Dopingverfahren denkbar. Ein Sportler Hildebrand hätte so nicht zu Fall gebracht werden können, ein Nationalbank-Präsident hingegen schon. Sollte einem zu denken geben, oder?

Eine letzte Anmerkung gilt noch der Behauptung des Kommentarschreibers, dass ich bei erwischten Sportlern "nach der Guillotine rufe". Das ist natürlich und mit Verlaub polemischer Stumpfsinn. Ich poche lediglich auf die konsequente und zeitnahe Bestrafung von erwischten Dopern - in Form einer Sperre, also eines Wettkampf-Ausschlusses. Bei Ersttätern mit zeitlicher Beschränkung, bei Wiederholungstätern lebenslang, ganz wie es der WADA-Code vorsieht. Was dies mit der Todesstrafe zu tun haben soll, die man gemeinhin mit dem Tötungsinstrument Guillotine in Zusammenhang bringt, bleibt mir höchst schleierhaft.

Um von Konsequenz gegenüber Dopern auf eine Akzeptanz für die Todesstrafe zu schliessen, muss man schon sehr schräg drauf sein. Und vor allem jemanden in polemischer Art und Weise schlecht hinstellen wollen. Und das - mit Verlaub - lasse ich auf meinem Blog nicht zu. Danke auch, werter anonymer Kommentarschreiber. Und damit: Ende der Diskussion.

Montag, 9. Januar 2012

Nachtrag in Sachen Hildebrand

Die Schlammschmeisser und Anschwärzer können jubeln: An einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz hat Philipp Hildebrand heute das Amt als Präsident der Nationalbank niedergelegt. Die Begründung ist bemerkenswert.

Denn Hildebrand hielt noch einmal explizit fest, dass er sich nichts vorzuwerfen habe und sein Rücktritt nicht als Schuldeingeständnis zu verstehen sei. Aber er sehe keine Chance, seine Unschuld zu beweisen und Zweifel an seiner Person aus der Welt zu schaffen. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: In KEINEM Rechtsstaat dieser Erde hat ein Verdächtiger seine Unschuld zu beweisen, vielmehr ist bei Verdacht eine Schuld zweifelsfrei zu belegen. Ansonsten gilt: Im Zweifelsfall für den Angeklagten.

Von der Offenlegung der Kontodaten bei der Bank Sarasin bis zur Veröffentlichung privater e-Mails hat Philipp Hildebrand nichts unversucht gelassen, um Transparenz zu schaffen. Jeder Schritt von seiner Seite wurde seitens verschiedener Medien oder Exponenten des politischen Systems mit weitergehenden Forderungen quittiert. Insofern kann man Hildebrand nur recht geben: Er konnte seine Unschuld nicht zweifelsfrei beweisen - angesichts übelwollender Kritiker nicht weiter verwunderlich. Und er hat, um sich und seine Familie vor weiteren Nachstellungen zu schützen, auf sein Amt verzichtet.

Höchst bemerkenswert ist, dass Christoph Blocher nur Stunden nach dem Rücktritt Hildebrands nun weiter nachlegt, gegen die Kontrollinstanzen und gegen Evelyne Widmer-Schlumpf. Während er auf Seiten der SVP oder sich selbst natürlich keinerlei Verfehlungen sieht, fordert er unverdrossen eine PUK. Fehler auf der eigenen Seite sieht er keine, einen überaus bedenklichen Präzedenzfall einer Schmierenkampagne, gestützt auf den Bruch des Bankkundengeheimnisses und der Instrumentalisierung einer hörigen Zeitung, auch nicht.

Dafür reitet er auf dem Insider-Straftatbestand herum - einem Tatbestand, der in der Schweiz bis dato noch nie zu einer Verurteilung geführt hat und gelinde gesagt stiefmütterlich behandelt wird. Zudem weigert er sich nach wie vor, Transparenz darüber zu schaffen, welche Informationen er wann von wem erhalten hat. Das stellt Blocher haarsträubenderweise noch als Frage der Ehre dar. Passender wäre, auf laufende Ermittlungen zu verweisen und darum die Aussage zu verweigern. Auch von Widersprüchen in seinen Aussagen der vergangenen Tage will er nichts wissen, als ihn ein Mitarbeiter der TSR darauf anspricht.

Möge dieser Fall mit Getöse auf die SVP zurück fallen und zu einem baldigen Ende der Politkarriere Christoph Blochers führen. Wer ohne Rücksicht auf rechtsstaatliche Prinzipien und das Bankkundengeheimnis Kampagnen führt, um sein erbärmliches Ego zu befriedigen, ist nicht mehr tragbar. Wer dabei noch meint, im Interesse des Landes zu handeln, gehört in eine geschlossene Anstalt. Ich habe fertig. Und Blocher hoffentlich bald auch.

Sonntag, 8. Januar 2012

Zu viel Zufall = grosser Reinfall


Aus der „Affäre Hildebrand“ ist längst eine „Affäre Blocher-Köppel-Lei-Schmid“ geworden. Auf der Strecke bleibt neben der politischen Kultur ein IT-Experte, der sich einspannen liess – und dann wie  eine heisse Kartoffel fallen gelassen wurde.

Zunächst tönte es wie ein Musterfall in Sachen Whistleblowing: Ein IT-Experte der privaten Bank Sarasin (Filiale Zürich) entdeckt bei der Arbeit eine fragwürdige Transaktion auf dem Privatkonto des Direktors der Schweizer Nationalbank, Philipp Hildebrand. Er meldet den Sachverhalt der internen Meldestelle, die aber keinen Anlass sieht, aktiv zu werden. Damit unzufrieden, macht der IT-Experte mit seinem Smartphone Fotos von Screens, auf denen die fraglichen Transaktionen angezeigt werden, und kontaktiert in der Folge einen Anwalt, den er aus Schulzeiten kennt.


Bis zu diesem Moment könnte man noch Sympathie für den wackeren, kleinen Angestellten und sein Gerechtigkeitsempfinden haben. Bis einem bei genauerer Betrachtung ein Übermass an Zufällen auffällt. Und man merkt, dass dies schlicht zu viele Zufälle sind. Als da wären: Roger Köppel von der Weltwoche führt gegen den SNB-Präsidenten Philipp Hildebrand seit geraumer Zeit eine überaus schrille Kampagne, die in Bezeichnungen wie "Falschmünzer" gipfelt. Der Vorwurf: Durch die Ende August beschlossene Anbindung des Schweizer Frankens an den Eurokurs verschleudere die Nationalbank Volksvermögen und begebe sich in unnötige Abhängigkeit der Europäischen Zentralbank (exportorientierte Unternehmen dürften dies etwas nuancierter sehen, Herr Köppel).

Mutiger Whistleblower oder williger Helfershelfer? 
Auch wenn sich Köppel bis zum heutigen Tag weigert, über die Besitzverhältnisse an der Weltwoche Auskunft zu geben (Tettamanti, Robinvest und wer noch mehr?) – diese Frage war mir vor über 5 Jahren einen Blog-Eintrag wert, erlaubt die redaktionelle Linie einige Rückschlüsse. So konsequent, wie sich die Weltwoche zum Sprachrohr der SVP Zürcher Prägung entwickelt hat, beantworten Köppel und seine Crew die Frage eigentlich selber. Und just jene Weltwoche bekam die Insider-Informationen aus der Bank Sarasin exklusiv zugespielt. Mit denselben Informationen kreuzte auch ein ehemaliger Bundesrat kurz nach seiner Wahl zum Nationalrat bei Bundespräsidentin Micheline Calmy Rey auf. Nicht ein, sondern drei Mal. Die Sache schien ihm wichtig - Chefsache, sozusagen.

Nun, dieser Nationalrat war, wie inzwischen alle Interessierten wissen, Christoph Blocher. Sah er sich zuerst nur als Briefträger in der Sache und wollte keinerlei Dokumente vorgezeigt haben, hat er sich inzwischen auf die Position zurückgezogen, den zuständigen Stellen keine "Originaldokumente" vorgelegt zu haben. Blocher scheint gemerkt zu haben, dass sich ein solches, auf sattsam bekannter, persönlicher Aversion beruhendes Verhalten schlecht mit seiner Rolle als Verteidiger des Bankkundengeheimnisses gegen aussen verträgt. Mehr noch: Die Weitergabe widerrechtlich erlangter Bankdaten ist strafbar, und alles spricht dafür, dass Blocher die Daten schon einen Monat lang in seinem Besitz hatte, ehe er damit zu den zuständigen Stellen (Bundespräsidentin, Finanzdepartement und Finma) ging. 


Von Doppelmoral und gestohlenen Kontounterlagen
Von wem aber hatte Christoph Blocher die entsprechenden Dokumente erhalten, die nur durch einen Gesetzesverstoss die Bank Sarasin überhaupt verlassen konnten? Er bekam sie vom Schulfreund des IT-Experten, seines Zeichens Rechtsanwalt. Nun sollte man aber wissen: Sowohl der IT-Experte wie auch der Rechtsanwalt sind Mitglieder der SVP Thurgau – und nein, in der Schweiz sind Parteimitgliedschaften nicht die Regel. Der Rechtsanwalt sitzt im Grossen Rat des Kantons Thurgau und in der Einbürgerungs-Kommission der Stadt Frauenfeld (als Weinfelder, hat die SVP in Frauenfeld selbst keinen ausreichend scharfen Ausländer-Fresser gefunden?) – und der Herr ist als Hardliner bekannt. Ich selbst kenne ihn aus Gymi-Zeiten, ... [Passage auf Wunsch von Hermann Lei und mangels Beweisen meinerseits gelöscht].


Auf seinem Blog schiesst Hermann Lei gegen Hildebrand, gegen Minarette, Muslime und Multikulti – und stellt Nonsens-Behauptungen auf, dass man sich auf der Website der Effen aus Österreich wähnt. Doch noch nicht genug der Zufälle, es kommt noch schöner: Heut morgen wurde gemeldet, dass mit dem Bülacher Claudio Schmid ein weiteres, junges SVP-Mitglied mit starkem "Karrieretrieb" im vergangenen Herbst Kontakt zum IT-Fachmann hatte. Und dass Schmid nach eigenen Angaben für diesen den Kontakt zu verschiedenen Medien hergestellt hat. Bloss: Innerhalb weniger Stunden verschwand diese Meldung wieder von den an Newsnetz angeschlossenen Websites. Google findet den Link zum Artikel zwar noch, der Artikel selbst ist aber verschwunden. Bemerkenswert, kann ich dazu nur sagen.

Journalist des Jahres missachtet Standesregeln
Die Weltwoche musste inzwischen zugeben, nie direkt mit dem Informanten gesprochen zu haben. War zuerst von einem Kundenberater der Bank Sarasin die Rede, krebste man danach auf einen IT-Experten zurück – und kam damit der Wahrheit schon etwas näher. Noch näher kam Köppel der Wahrheit, als er nochmals einen Schritt zurück machte: Man habe nur mit dem Anwalt des IT-Experten gesprochen, als Mittelsmann. Aber dennoch halte die Weltwoche an den Vorwürfen fest. Zudem musste Urs Paul Engeler, für die mediale Auftrags-Hinrichtung von Bruno Zuppiger im Zuge der Erbschafts-Affäre soeben zum "Journalisten des Jahres" in der Schweiz gewählt, zugeben, dass er die Angaben des IT-Experten nicht durch weitere Quellen bestätigt bekam. Normalerweise gilt ein Sachverhalt dann nicht als "wasserdicht" und kommt nicht in Druck. Aber was ist bei der Weltwoche schon normal, wenn deren Schreiber jemandem im Visier haben, der Blocher nicht genehm ist?


Engeler rechtfertigt sich, er habe sich auf sein Gespür verlassen – und auf seine journalistische Erfahrung. Mit Verlaub: Das widerspricht den Prinzipien des Recherche-Journalismus, ist inakzeptabel und unseriös. Dass Engeler seinen Informanten in Anlehnung an den Watergate-Skandal als "Deep Throat II" betitelte, zeugt zudem von einem an Grössenwahn grenzenden Geltungsdrang. Ohne SVP-Brille auf der Nase präsentiert sich der Sachverhalt inzwischen wie folgt: Dank der über Monate hinweg anhaltenden Kampagne gegen Hildebrand in der Weltwoche ist der IT-Experte ein williger und voreiliger Helfershelfer. Ich gehe nicht davon aus, dass er gezielt angestiftet wurde. Das läuft über Köppels Revolverblatt dann doch etwas subtiler. Auf der Suche nach belastenden Indizien gegen Hildebrand stösst der Mann im vergangenen Sommer auf die fragliche und moralisch durchaus fragwürdige Transaktion auf dem Konto des SNB-Präsidenten. Die interne Anzeige fruchtet nicht, worauf er sich an seine Parteikollegen Schmid und Lei wendet.

Schlammschlacht nach US-Vorbild
Trotz hinreichenden juristischen Wissens machen ihn diese aber nicht darauf aufmerksam, dass er bereits das Bankkundengeheimnis gebrochen habe und die entsprechenden Bilder ganz schnell löschen sollte. Statt dessen nehmen sie Kontakt mit Blocher und der Weltwoche auf, spielen diesen gezielt die rechtlich überaus heiklen Informationen zu und warten, wie die SVP-Strategen an einer medialen Stinkbombe gegen den "Falschmünzer" und vermeintlichen Landesverräter Hildebrand basteln. Bei der Weltwoche wird mit Urs Paul Engeler die schärftse Recherche-Allzweckwaffe auf den Fall angesetzt: Nach Zuppiger ist ein nächster Skalp fällig. Kurz vor Weihnachten bringt auch der Blick die Geschichte von den Devisentransaktionen des Nationalbank-Präsidenten auf der Titelseite, und von da an hat die Schweiz ihr Thema in der nachrichtenarmen Zeit zwischen Weihnachten und Dreikönigstag.


Inzwischen scheint klar: Hildebrand hat nicht gegen interne Reglemente verstossen. Als er von der durch seine Frau veranlassten Devisentransaktion erfuhr, hat er dem Kundenberater der Bank Sarasin gegenüber umgehend klar gemacht, dass solche Transaktionen künftig nicht ohne sein Wissen und sein Einverständnis erfolgen dürften. Insofern hat der Mann zeitnah reagiert – und nicht erst mit seiner Pressekonferenz von vergangener Woche, wie ihm dies seine Gegner vorwerfen. Genau so klar ist, dass sich der IT-Experte strafbar gemacht hat, weil er Bankkundendaten seines Arbeitgebers entwendet und erst noch Dritten übergeben hat. Fraglich ist, ob sich Claudio Schmid und Hermann Lei strafbar gemacht haben, weil sie die Dokumente an Blocher und ausgewählte Medien weiter gegeben haben, statt den Bekannten zur umgehenden Löschung der Fotos aufzufordern oder die fraglichen Dokumente direkt der Finma zu überreichen. In meinen Augen erfüllt das Handeln dieser beiden den Tatbestand der Hehlerei und der Beihilfe.

Wie weiter? Versuch eines Fazits
Ob sich Blocher bei seiner Aktion auf die parlamentarische Immunität berufen kann, erscheint mir genauso fraglich. Für mich hat die SVP in Verband mit der Weltwoche für die Schweiz Neuland in Sachen Schmierenkampagnen betreten. Diese Art von perfidem Vorgehen unter Zuhilfenahme verbotener Praktiken kennt man aus Grossbritannien, vor allem aber aus den Vereinigten Staaten. Die Murdoch’sche News Corporation und der ganze Skandal um selbige lassen grüssen. Und darum haben wir es aus meiner Sicht auch nicht mehr mit einer Causa Hildebrand zu tun, sondern mit einer Causa Blocher-Köppel-Lei-Schmid. Auf der Strecke bleibt dabei der IT-Experte: Der soll sich in die Enge getrieben gefühlt haben (zurecht, denn seine Anonymisierung war gestern Abend dank Blick und Handelsregister passé) und sich nach einem Suizidversuch in psychiatrischer Behandlung befinden.         

Wenn das kein Grund für einige der Herrschaften ist, mal über ihr Handeln und ihren Umgang mit Menschen, ob politischen Gegnern oder willigen Helfershelfern nachzudenken, was dann? Der Zweck heiligt die Mittel nicht, und die schweizerischste aller Parteien (in der eigenen Sichtweise) sollte nicht zu Tricks aus der halblegalen bis illegalen Schublade greifen, um politische Ziele zu verfolgen oder missliebige Amtsträger anzuschwärzen. Die SVP und die Weltwoche sind der Schweiz einige Erklärungen schuldig. Transparenz ist gefragt, bezüglich der Motive, der Mechanismen - und gerne auch der Besitzverhältnisse bei der Weltwoche. Oder wäre es, denn da wird nichts kommen. Keine Reue, keine Einsicht, weiter so und Vollgas ins Verderben. Man darf gespannt sein, wie es dabei um die Kollateralschäden bestellt sein wird, welche die unheimlichen Patrioten dabei in Kauf nehmen.