Sonntag, 25. September 2011

Cruisin like gentlemen

Mitte September fand in Zürich der erste "Gentlemen's Run" statt: In feinem Zwirn und auf schönen Fahrrädern ging es vom Landesmuseum aus auf eine Rundfahrt durch Zürich. Mit von der Partie auch zwei Velos mit grossem Kübel und eins mit grosser Schnauze.

Die Idee des "Gentlemen's Run" ist simpel und sympathisch: An einem Samstag Nachmittag (bevorzugt mit anständigem Wetter) mit dem Velo und fein gewandet durch Zürich rollen, unterwegs bei einigen Boutiquen und Fahrrad-Geschäften vorbei schauen und schliesslich die Sache bei einem Apéro ausklingen lassen. Das heisst: Kein Stress, keine Aggressionen im Verkehr, kein Lycra und kein Schweiss. In London sind solche Ausfahrten als "Tweed Runs" bekannt und haben schon 400 Teilnehmer angezogen, in Deutschland finden auch bereits "Lindyhop Paraden" statt - wobei diesen Events eine gewisse Nostalgie zu eigen ist.



Schon vorm Start war klar, dass die Premiere dieser Idee auch in Zürich ein voller Erfolg war: Die Sonne schien, es war nicht zu heiss und deutlich über 60 Teilnehmer versammelten sich auf dem Platz vor dem Eingang des Landesmuseums. Während ich für den Anlass meinen dunkelbraunen, äusserst selten getragenen Al Ferano-Anzug aus dem Schrank geholt hatte, erschienen andere in eher historisch angehauchten Anzügen - Knickerbockers und Fliegerbrille inklusive. Und passten damit bestens zur Gotthard-Postkutsche des Landesmuseums.

Um professionelle Aufnahmen machen zu können, fuhren drei Photographen im Tross mit: Einer wie bei Radrennen hinten auf einem Scooter, einer mit der Kamera im Anschlag auf einem Slalomboard - und die dritte im Kübel eines Bakfiets, pilotiert von meinem Bruder Sjoerd. Den zweiten Bakfiets steuerte ein weiterer Bruder: Jeroen hatte den Anlass mitorganisiert und führte im Kübel ganze Beigen der zweiten Ausgabe des "Gentlemen's Report" mit sich. Wegen der in ihrer strengen Ästhetik beeindruckenden Photostrecke zum Thema Velo, die auf der offenen Rennbahn in Oerlikon entstanden ist, empfiehlt sich diese Ausgabe ohnehin für Velophile.

Abgesehen von diesen typisch holländischen Lasteseln war bei den Velos von gewagten Eigenbauten über klassische Holland-Velos, liebevoll restaurierten Rennrädern und Fixies bis zu gewöhnlichen Mountainbikes so ziemlich alles am Start. Mir standen an meinem geliehenen, minimalistischen Stadtflitzer Dank eines Schlumpf-Planetargetriebes zwei Gänge und eine nach dem Zufallsprinzip mal funktionierende und mal versagende Rücktritt-Bremse zur Verfügung. Somit war klar: Eine vorausschauende und defensive Fahrweise war gefragt. Mal was ganz Neues.

Durch den Platzspitz und vorbei an der Schule für Gestaltung ging es durch den Kreis Fünf zu den beiden neuen "Hochhäusern" in Zürich West, über die Bewohner asiatischer Metropolen wohl milde lächeln würden. Gleich danach lud Stilrad zu einer Ittinger-Pause: In einem der Bögen des Bahnviadukts untergebracht, hat sich dieses Geschäft auf schöne und schicke Alltagsräder spezialisiert. Und auf Zubehör für stilbewusste Radler, vom Helm bis zu Taschen.
Weiter führte die Route via Röntgenplatz, durch die Langstrassenunterführung und die Bäckeranlage zur Kalkbreite, via Werdtrasse zum Bahnhof Selnau und über den Bürkliplatz und dem See entlang ins Seefeld, wo bei "Stereo Fashion" Focaccias und Sandwiches warteten.

Gleich nach dieser zweiten Pause stand den Teilnehmern eine typisch zürcherische Velofahrer-Mutprobe bevor: Es galt, vom Seefeld her kommend das Bellevue zu queren, und das bei starkem Verkehr an einem Samstag Nachmittag. Weil wir uns nur portionenweise ins Getümmel wagten und die Autofahrer überraschend nachsichtig waren, gelang auch dies ohne Zwischenfälle. Da wir schon beträchtlich hinter dem Zeitplan her hinkten, wurde die folgende Route über den Limmatquai stark abgekürzt.

Statt dessen bogen wir beim Helmhaus zum Fraumünster ab, querten die Bahnhofstrasse und kamen schliesslich am Ziel an: Der Onyx-Bar des Park Hyatt Hotels. Dort warteten Häppchen, Ittinger Bier, Wein und dergleichen auf die Teilnehmer, und deren Fahrräder machten den Luxuskarrossen den Platz streitig. Für einen wartete noch etwas besonderes: Eine Fachjury hatte alle Teilnehmer und ihre Velos unter die Lupe genommen und einen Sieger gekürt. Dieser, ein Architektur-Student, konnte sein Glück kaum fassen, als er die eigens für den "Gentlemen's Run" gravierte Armband-Uhr von Ochs & Junior überreicht bekam.

Wie ich auf dem Rückweg zum Bahnhof Zürich war und der Sihl entlang fuhr, begann es auf Höhe der Kaserne leicht zu regnen. Zum Glück erst jetzt, denn mein Gefährt für den "Gentlemen's Run" war nicht wirklich allwettertauglich - keine Schutzbleche und nur eine, zudem reichlich launische Rücktrittbremse hinten an Bord. Aber: Mit dem schreienden Gesicht auf dem Steuerrohr sorgte das 20 Jahre alte, noch immer bestechend schlichte "SimpliCity" von MTB Cycletech (mir für den Anlass grosszügig zur Verfügung gestellt von velo.com-Chef George Mehrazakis) doch für einige verwunderte Blicke.

Samstag, 24. September 2011

Niteridin...

Nein, dieser Eintrag hat nichts mit David Hasselhoff und quasselnden Proll-Karren zu tun. Vielmehr dient er der Einstimmung auf die Monate, in denen die Nächte deutlich länger sind als die Tage. Und in denen Mountain Biker auf leistungsstarke Lichtsysteme angewiesen sind, um ihr Hobby auch im Dunkeln ausüben zu können.

Ausfahrten nach Sonnenuntergang haben für Mountainbiker einen besonderen Reiz: Die Sicht ist auf den Lichtkegel des Scheinwerfers beschränkt. Umso mehr achtet man daher auf andere Sinneseindrücke, und umso schneller meint man unterwegs zu sein. Zudem trifft man nach dem Eindunkeln kaum noch auf mürrische Hündeler oder dergleichen, bekommt aber dafür von Fröschen über Füchse und Mäuse bis zu Rehen eine Menge Tiere zu sehen.

Selbst benutze ich seit zwei Jahren das "Vision 2"-System von Hope. Das ist edel verarbeitet, robust und dazu noch kompakt und leichtgewichtig. Und die 480 Lumen, die es mit den beiden Highpower-LEDs ausspuckt, reichen normalerweise auch auf Touren im Mittelland. Aber wie so oft stellt sich die Frage: Kann man überhaupt genug Licht dabei haben?

Um dies heraus zu finden, teste ich seit zwei Wochen das "Seca 1400"-System von Light&Motion. Der Name lässt es schon vermuten: Die sechs Highpower-LEDs liefern maximal 1400 Lumen - und machen so die Nacht zum Tag. Auf jeden Fall konnte ich auf mir gut bekannten Trails entlang der Töss und den Schauenberg (Sonnenuntergangs-Bild ganz oben) runter gehörig Gas geben. Und das im Dunkeln über Wurzeln, Steine und durch Schlamm.

Wer nun das "Seca 1400" schon als Overkill erachtet, sollte sich das "Vision 8"-System von Hope schon gar nicht angucken. Denn das liefert mit Hilfe von 8 Highpower-LEDs sagenhafte 2000 Lumen Lichtleistung. Mit 579 Euro ist auch der Preis eine Ansage, die deutsche Konkurrenz von Lupine und Supernova ist definitiv teurer. Leider hatte ich bisher noch keine Gelegenheit, dieses System im Gelände zu testen. Aber was noch nicht ist, kann ja (gerne) noch werden. Denn genug Licht hat man eigentlich nie an Bord.

Donnerstag, 15. September 2011

Rückblick: Wasserbau im Grünen

Vom prächtigen Frühjahr an über den durchzogenen Sommer bin hinein in den goldenen Herbst hab ich dieses Jahr viel Zeit im längsten Stadtpark Winterthurs verbracht. Denn von Sennhof bis zu den Sportplätzen am Reitplatz laden zahlreiche Feuerstellen zum Verweilen an der Töss.

Der zeitweise extrem tiefe Wasserstand erlaubte es uns immer wieder, den Fluss nach unserem Gusto umzulenken und stellenweise zu stauen - mit einfachsten Mitteln. Mal wurde bloss das Kies mit den Füssen zu improvisierten Wällen aufgeschüttet, um terrassenartige Dämme in den Fluss zu bauen.

An einem anderen Ort wurde schon im Frühjahr ein Damm aus Steinen gebaut, um trockenen Fusses auf eine Kiesbank im Fluss gelangen zu können. Nach Gewittern war aber nicht nur die Mauer, sondern gleich die ganze Kiesbank verschwunden. Also galt es, den Damm nochmals neu zu bauen und so dafür zu sorgen, dass die Kiesbank neu entstehen konnte.

Ein angenehmer Nebeneffekt dieses Hobby-Wasserbaus für Fortgeschrittene: Mit den Füssen im Wasser zu waten hat einen kaum schlagbaren, kühlenden Effekt - Kneipp lässt grüssen. Weil die Töss im Bereich von Schnebelhorn, Hörnli und Bachtel entspringt, kann der Wasserstand bei sommerlichen Gewittern aber stark schwanken.

Das zeigte sich bei unserer liebsten Feuerstelle: Nach einigen Tagen mit starken Schauern bot sie Mitte August ein bemitleidenswertes Bild. Wie die feinen Sedimente in der Feuerstelle (inklusive Abdrücke von Hundepfoten) zeigen, war die Töss hoch genug angestiegen, um mitten durch die Feuerstelle zu fliessen.