Freitag, 29. April 2011

Rufbus: Wo die Schweiz aufhört

Normalerweise ist in der Schweiz auf den öffentlichen Verkehr Verlass – es sei denn, man verirrt sich in grenznahe Gebiete. Ende April bin ich in Koblenz gestrandet. Im Aargau, nicht am deutschen Eck.

Der Kanton Aargau ist dafür bekannt, dass der motorisierte Individualverkehr auf Kosten des öffentlichen Verkehrs gehätschelt wird. Wie weit das geht, musste ich heute aufm Weg nach Leibstadt erfahren, wo ein Informationsanlass zu einer neu gebauten Bike-Strecke Statt fand. Also checkte ich kurz die Verbindungen ab Winterthur – zwei Mal umsteigen und eineinhalb Stunden Reisezeit, das lag ja locker drin – dachte ich.

Bis nach Koblenz lief alles wie am Schnürchen: Mit der S12 ohne Umsteigen bis Turgi, von da an mit einer weiteren S-Bahn am Klingnau-Stausee vorbei nach Koblenz. Dort hörte dann aber alles auf: Im Online-Fahrplan der SBB hatte ich dem Buchstaben „R“ in einem Viereck zu wenig Beachtung geschenkt: Der Bus von Koblenz nach Leibstadt verkehrt NUR, wenn man ihn mindestens eine Stunde im Voraus reserviert. Das sei ein Rufbus, wurde ich am Schalter des Bahnhofs Koblenz belehrt.

So was ist für mich kein regulärer Linienbetrieb, das kenn ich ausm Thurgau von den Abendstunden. Aber doch nicht um Viertel nach Eins nachmittags! Zum Glück war Jürg Waldburger als Bauleiter der Strecke und Informationsverantwortlicher des VC Leibstadt so nett, mich in Koblenz am Bahnhof abzuholen. Dass ein Versuch, per Autostopp von Koblenz nach Leibstadt zu gelangen, allzu aussichtsreich gewesen wäre, wage ich zu bezweifeln. Ist ja nicht so, dass in der betreffenden Region eine Menge Pendler unterwegs sind – die fahren vom Aargau eher morgens nach Zürich oder Bern und abends wieder heim. Selten per öV, meist im eigenen Auto. Wenn man auf Rufbusse und dergleichen angewiesen ist, wird das irgendwie schon fast wieder nachvollziehbar.

Wer sich für Bilder der im Bau befindlichen 4Cross-Strecke des VC Leibstadt interessiert, findet diese im Artikel auf frontlinemag.net.

Dienstag, 26. April 2011

BBQ für Fortgeschrittene: Merguez al Sugo

Zum Abendessen gab's gestern ein kleines Outdoor-Cooking-Experiment, das sehr zufriedenstellend verlief. Gestatten? Merguez al Sugo, mit den richtigen Zutaten einfach zuzubereiten.

Von einem Grillabend am Karfreitag hatte ich noch drei kleine Merguez-Würstel übrig - Verzehr unbedenklich, weil die Kühlkette nie unterbrochen wurde. Und vom Sonntag Abend stand noch ein Rest eines scharfen Sugos im Kühlschrank. Also packte ich Grillrost, Grillzange, Schneidebrett und eine kleine Chromstahl-Pfanne aus der Camping-Ausrüstung zum Bier und zu den Würstchen in den Rucksack und machte mich auf an die Töss. Schliesslich gab's im Kanton Zürich kein Grillverbot.

Der Sugo-Rest kam mit einem Schuss Rotwein in ein Tupperware und so mit in den Rucksack. Vor Ort lautete dann die erste Herausforderung, Holz für ein gutes Feuer aufzutreiben. Innert kurzer Zeit hatte ich zwei kleine, tote Bäume gelegt, abtransportiert und in handliche Stücke zerlegt, auch trockene Äste zum Anfeuern waren rasch gefunden. Sobald die Glut zum Grillieren reichte, kam die Chromstahl-Pfanne mit dem Sugo und Wein drin auf den Rost und an die Hitze.

Und liess sich wie erhofft schön gemächlich aufköcheln. Bei den Merguez-Würsteln musste ich gar aufpassen, dass sie nicht verkohlten, so intensiv war die Hitze in der Mitte des Grills. Die angebratenen Würstel hab ich zerstückelt und nochmals im Sugo ziehen lassen, dann konnte ich diese Kreation des Outdoor Cookings direkt aus der Pfanne und Mithilfe meiner Faltgabel verspachteln. All denen zur Nachahmung empfohlen, denen es zu langweilig ist, eine Cervelat auf einen Stecken zu spiessen und in die Hitze zu halten.

Mittwoch, 20. April 2011

Jekyll reloaded

In den vergangen sieben Saisons habe ich mein treues Tourenbike oft genutzt - und auch entsprechend abgenutzt. Darum war es mal wieder Zeit für einen grossen Service. Mit dabei: Eine "neue" Gabel.

Als ich mein Cannondale Jekyll 2003 aufbaute, passte das Radl in keine Kategorie: Die 100mm Federweg vorne und 125mm hinten verwiesen in Richtung Tour, die bewusst robust gebauten Laufräder auf gröbere Einsätze. Wie auch die Bremsanlage, damals eine 4-Kolbenanlage von Hope mit 170mm-Scheiben. So kam ich mit dem Radl flott genug voran, ohne mir bergab Gedanken darüber machen zu müssen, was ich dem Material zumuten könne.

Die sieben Saisons hatten nun aber ihren Zoll gefordert: Das Federbein hielt kaum noch Luft, kein Wunder, hatte ich mich doch sieben Saisons lang nicht um die Wartung des Teils gekümmert. Die Hersteller empfehlen in der Regel für Vielfahrer zwei Eingriffe pro Jahr. Wer das in den Wind schlägt, zahlt irgendwann den Preis. Dank dem Geschick der Schrauber der Pedalerie konnte das Federbein aber wiederbelebt werden - mit Hilfe eines Dichtrings, der nicht vom Hersteller stammt. Aber funktioniert.

Um endlich am Vorderrad gleich viel Federweg wie hinten zu haben, liess ich auch gleich noch eine leicht gebrauchte, frisch revidierte Lefty Max-Gabel mit 130mm Hub einbauen. Das Angebot vom Schweizer Headshok-Servicecenter war einfach zu verlockend. Dadurch ist zwar der Lenkwinkel etwas flacher geworden, aber nachdem ich das Tretlager auf die tiefstmögliche Einstellung gebracht hatte, fuhr sich mein Jekyll wieder wie in seinen besten Tagen. Oder eher noch besser, da satter.

Panorama vom Schauenberg in Richtung Süden, 17. April 2011.

Davon konnte ich mich bereits auf ersten Touren auf den Geissberg und den Hausberg meiner Jugend, den Schauenberg, überzeugen. Nun muss bloss wieder ein Tacho an den Lenker, um den Ehrgeiz wieder vollends zu wecken und das Jekyll über die Trails zu jagen. Die Saison darf kommen, ich und mein Jekyll sind bereit.

Donnerstag, 14. April 2011

Geissberg (Re-)Tour

Ich weiss nicht, welcher Teufel mich geritten hat. Aber am Tag von Paris-Roubaix, dem 10. April, sass ich mal nicht stundenlang vor der Live-Übertragung, sondern selbst im Sattel. So viel vorweg: Es hat sich gelohnt, und das Finale des Rad-Klassikers konnte ich dann doch noch verfolgen.

Wenn ich am Sonntag schon mal früh aufstehe, will das auch einen guten Grund haben. So war es auch an jenem Sonntag Morgen, als der Wecker um halb Acht loslegte. Also kurz Kaffee rein schütten, einige Scheiben Zopf mit Nutella dazu und ein Müsli für die Zugfahrt zum Startort vorbereiten, dann den Rucksack mit dem nötigen Werkzeug, Ersatzschlauch, Windveste und Snacks befüllen und ab auf den Zug. Kurz nach halb neun Uhr morgens war es noch richtig frisch.

Blick vom Geissberg in Richtung Alpen - leider etwas im Dunst.

Via Zürich, wo ich zu Chrigel stiess, ging es nach Brugg, wo wir um zehn Uhr aus dem Zug stiegen. Von dort aus hatte Chrigel eine knackige Tour im Sinn, die mit Umwegen zum Geissberg und am Schluss der Aare entlang nach Turgi führen sollte. Gleich nach dem Start in Brugg ging es sportlich bergan, und ich begann die Bierchen vom Samstag Abend zu bereuen. Dennoch fand ich rasch meinen Tritt, für etwas hat so ein Mountain Bike schliesslich so kleine Gänge an Bord.

Ein Hauch von Eiffelturm: Der Masten aufm Geissberg.

Auf dem Weg zum Geissberg fuhren wir ein Stück weit auf dem historischen Römerweg am Bözberg, ratterten kilometerweit über Singletrails und statteten einer von Radfahrern und Ausflüglern überrannten Gartenbeiz einen Besuch ab. Dann machten wir uns an das letzte echte Pièce de Résistance des Tages: Den Geissberg. Erfreulich schnell und nach einem letzten, unfahrbar steilen Abschnitt stand ich (und etwas später auch Chrigel) vor dem Funkmasten. Und wenig später auf der Aussichtsplattform.

Blick vom Geissberg in Richtung Laufenburg und Rhein.

Noch schöner als die Aussicht sind die Wege, die vom Geissberg runter führen. Nichts für schwache Nerven, weil es manchmal nah an der Felswand lang geht, aber schön flowig und nie wirklich schroff. Ich fühlte mich auf meinem Jekyll mit 125mm hinten und neu 130mm Federweg vorne bestens aufgehoben, und wir hängten aus Spass an der Sache noch eine zweite Abfahrt die andere Flanke hinunter an. Die letzte halbe Stunde musste ich dafür beissen, weil mir die Energie ausging - ein kleines Rendezvous mit dem Hammermann, aber zum Glück hatte ich noch etwas Essbares im Rucksack.


Wie ich um halb Vier mittags wieder in Winterthur aus dem Zug stieg, machte ich mich auf zur Libero-Bar beim Fussballstadion. Dort war Paris-Roubaix vor einem Jahr im Public Viewing gezeigt worden. Und tatsächlich flimmerte auch jetzt wieder das legendäre Rennen über die Kopfsteinpflaster über die Mattscheibe. Verschwitzt und mit schmutzigen Beinen bestellte ich ein kühles Bier, schnappte mir einen Gartenstuhl und folgte gebannt den letzten 35 Kilometern des Klassikers. Wie hungrig ich war, merkte ich erst zu Hause unter der Dusche.

Mittwoch, 13. April 2011

Italian Bulli

Als ich kürzlich, auf dem Rückweg von einem Ausflug ins Grüne, durch das Winterthurer Quartier Töss radelte, fiel mir gleich bei der Kirche ein Prachtexemplar von einem VW Bulli auf.


Schon die Heckansicht machte klar, dass ich es mit einem liebevoll gepflegten Oldtimer zu tun hatte, inklusive Winterreifen mit montierten Schneeketten für die Antriebsachse auf dem Dachträger. Auch der Mittelpfosten in der Windschutzscheibe fehlte nicht: Ein echter Split Window, eben.


Fast schon zu schön, um damit rumzufahren. Und dieses Exemplar hat es offensichtlich im Frühjahr über die Alpen geschafft. Chapeau

Samstag, 9. April 2011

Senile Bettflucht...

Gegenüber wohnt ein Herr, der nicht mehr der jüngste ist. Typus pensionierter Eisenbahner (mit Weichensignal im Garten) und passionierter Schrebergärtner mit Mofa und Hänger. Alles schön und gut, aber heute hat der Herr ein gerüttetes Mass an Gedanken- und Rücksichtslosigkeit an den Tag gelegt.

Wer noch nicht pensioniert ist, schläft am Samstag gerne etwas länger. Zumindest, wenn ihn die von seniler Bettflucht geplagten pensionierten Nachbarn lassen. Das war mir (und meinen Nachbarn an der Salstrasse) allerdings an diesem Samstag nicht vergönnt. Denn der Herr von gegenüber legte gegen zehn Uhr los: Zuvor hatte er offenbar schon in mehreren Fuhren den gesamten Schnittabfall seines Schrebergärtchens mit dem Mofa hergekarrt.

Dann wurde der Holzhäcksler angeschmissen - von einem Pensionär am Samstag morgen... An jedem Wochentag hätte der Herr dies problemlos und kaum bemerkt machen können. Tat er aber nicht, dafür trieb ihn die senile Bettflucht nun dazu, samstags die Nachbarn auf diese Art zum Aufstehen zu animieren. Nun, bei mir läuft seit zehn Uhr morgens böser, harter Metal, damit ich den Kack-Holzhäcksler unseres Kampfschrebergärtners nicht hören muss.

Vielleicht hört der Herr ja diese für ihn grässliche Musik, wenn er alle zehn Minuten den Häcksler aufklappt, um Geäst zu entfernen. Aber er kommt sicher nie im Leben drauf, dass diese Musik wegen ihm läuft. Jetzt ist es 12 Uhr - der Lärm ist verstummt. Entweder der Herr gönnt sich eine Stärkung, oder er hat alle Abfälle gehäckselt.

Die Magie des Moments

Am vergangenen Mittwoch arbeitete ich bis zum Sonnenuntergang im Büro Balkonien. Und musste mal wieder feststellen: Im Frühjahr und Herbst sind die Sonnenuntergänge am spektakulärsten.


Und das hat zwei Gründe: Einmal sorgen die in diesen Jahreszeiten meist vorhandenen Wolkenreste für ein spektakuläreres Farbenspiel als ein komplett wolkenloser Himmel. Und zweitens tragen die Laubbäume noch keine Blätter: Ihre sich immer feiner verzweigenden Äste heben sich dann wie ein filigraner Scherenschnitt dunkel vom Abendrot ab. Bleibt als einzige Herausforderung, die Hände ruhig zu halten, um die Magie des Moments auch ohne Blitz unverwackelt einfangen zu können.