Mittwoch, 16. März 2011

Verkehrschaos dank Pendlern

Wenn viele Egoisten in Autos unterwegs sind und einem Stau auszuweichen versuchen, kann das nur zu einem noch grösseren Chaos führen - wie gestern in Winterthur. Zeit, den Pendlern ein (Dornen-)Kränzchen zu winden.

Als ich gestern um 17:30 Uhr die Treppe der Bahnhofs-Unterführung hochstapfte, staunte ich nicht schlecht: Auf der Rudolphstrasse stauten sich die Autos in beide Fahrtrichtungen. Ich rede hier nicht von stockendem Kolonnenverkehr: Die Blechlawine stand, und erste Blechkutscher waren schon am Rumhupen, weil sie die Geduld verloren. Dagegen dachte keiner dran, den Motor mal abzustellen - wozu auch, man ist ja nicht im Grünen.

Karte: Google Maps

Also schlängelte ich mich auf dem Fahrrad zwischen lauter Autos mit TG- und SG-Nummern durch, bog in die Konradstrasse ab - und staunte wieder, denn auch hier stand der Verkehr. Und nein, von rechts Platz lassen für Velos hat von diesen genervten Pendlern aus der Pampa namens Ostschweiz wohl noch nie auch nur einer was gehört. Also ging's weiter in der Strassenmitte, zur Neuwiesenstrasse. Dort stand der Verkehr sogar in drei Kolonnen.

Der Wahnsinn, noch nie so einen Stau in Winterthur gesehen. Man hätte meinen können, dass der Unglücksreaktor Fukushima gleich neben Winterthur der Kernschmelze entgegen röchelt und darum alles zu flüchten versucht - wenn da nicht all die auswärtigen Nummernschilder gewesen wären. Immerhin: In der 30er-Zone der Salstrasse war dann fertig mit der Blechlawine. Und dank dem Landboten weiss ich nun auch, warum es zu diesem "Idiotenpropfen" kommen konnte. Denn die lokale Zeitung meldet heute:

Zwei Unfälle und ein Verkehrschaos
Gestern Nachmittag gab es auf der Autobahnumfahrung zwei Unfälle, beide kurz nach der Einfahrt Wülflingen in Richtung Zürich. Um 15 Uhr kippte eine Lieferwagen. Material leerte aus, doch es gab keine Verletzten, Rund 40 Minuten später fuhren fast an der gleichen Stelle ein Auto und ein Lastwagen aufeinander auf. Wieder gab es nur Blechschaden. Durch den Ausweichverkehr waren die Strassen in der Stadt bis am Abend verstopft.

Liebe, verblödete Autopendler: Bleibt mit Euren Dreckschleudern gefälligst auf der Autobahn und nehmt den Stau auf Euch, statt ihn durch Euer superschlaues Verhalten auch noch in die Stadt hinein zu tragen - Abgase und Feinstaub inklusive. Denn ihr steht nicht im Stau, ihr seid der Stau. Und den wollen wir nicht in der Stadt - also bleibt uns fern und auf der Autobahn. Nebenbei bemerkt bin ich der Meinung, dass die Verkehrspolizei solchem Schwachsinn einen Riegel schieben sollte. Pendlerströme sind keine Naturgewalt, dagegen kann man was tun.

Dienstag, 15. März 2011

Ein Freiluftspielplatz für Winterthur

Wenn alles klappt, kann noch diesen Frühling in Winterthur ein "Pumptrack" gebaut werden - also eine Anlage für Mountain Biker, auf der man nicht treten muss (oder sollte...).

Karte: Google Maps

"Pumptracks" schiessen in der Schweiz seit etwa einem Jahr wie Pilze aus dem Boden. Diese Art von Bikestrecken lassen sich mit überschaubarem Aufwand auf kleinen Parzellen ohne Gefälle realisieren. Dabei weist der Parcours sinusartige, gleichmässige Wellen und Steilwandkurven auf. Der Gag: Wenn man sein Gewicht auf dem Bike im richtigen Rhythmus nach vorne beziehungsweise hinten verlagert, kann man ohne zu treten beschleunigen.


Roger Rinderknecht aus Winterthur erklärt, worum es beim Pumptrack-Fahren geht.

Auch wenn man auf einem Pumptrack nicht treten muss, kann einen das Befahren ganz schön aus der Puste bringen: Denn das sogenannte Pumpen, also das Be- und Entlasten von Vorder- und Hinterrad mit Hilfe von Armen und Beinen, ist ein Ganzkörpertraining, das man nicht unterschätzen sollte. Und das eine willkommene Abwechslung zum ansonsten oft monotonen Gekurble darstellt.

Am vergangenen Samstag meldete nun der Landbote offiziell und vorne auf dem Stadt-Bund, was ich "off the record" schon seit anfangs Dezember wusste, aber für mich behalten musste (was mir schwer genug fiel): Das Schul- und Sportamt Winterthur will, dass am Reitplatz Töss ein Pumptrack gebaut wird. Das Projekt liegt nun bei der Stadt öffentlich auf, und wenn keine Einsprachen eintreffen, kann im April mit dem Bau begonnen werden.

Die ganze Anlage wird die Fläche eines halben Fussballfeldes beanspruchen, wobei die direkt an die Terrasse des Restaurants "Zum Reitplatz" (wie praktisch...) angrenzende Parzelle L-förmig ist und ums Eck herum reicht. Dies und der bestehende Baumbestand soll in die Linienführung mit einbezogen werden, lassen die Jungs von der pumptracks gmbh verlauten, welche für Planung und Bau der Anlage verantwortlich zeichnen. Da darf man ja gespannt sein, wie es am Reitplatz weitergeht.

Montag, 14. März 2011

Kommt Zeit, kommt Rad

Pünktlich zum Frühlingsbeginn hab ich endlich mein Pumptrack-Bike aufbauen können - hat eine Weile gedauert, macht aber nun umso mehr Spass.

Man kann sich ein Velo auch einfach kaufen: Rein in den Laden, das Wunschmodell in der passenden Rahmengrösse und einer Farbe finden, die einem gefällt, und ab geht's. Aber seien wir mal ehrlich: Das wär doch viel zu einfach. Echte Bike-Nerds stellen ihre Velos selbst zusammen - Teil für Teil, Schraube für Schraube. Und achten dabei aufs Gewicht, die Farbe, den Einsatzzweck und den Hersteller.

Bausatz für Fortgeschrittene - Fachwerkstatt mit Profi-Werkzeug empfohlen.

Weil ich nach 20 Jahren Biken genau weiss, was ich will (und vor allem, was nicht), kommen für mich nur noch Custom-Aufbauten in Frage. An Serienrädern finde ich fast immer ein Haar in der Ausstattungs-Suppe - oder die Dinger sind astronomisch teuer. Also wählte ich die umständlichere Variante, und so trafen seit dem vergangenen Herbst nach und nach die Teile für mein Pumptrack-Bike bei mir zu Hause ein. Rahmen, Federgabel, Bremsen, Antrieb, Kettenführung, Räder, Sattel und Stütze, Lenker, Steuersatz und Pedale: All dies traf in den vergangenen paar Monaten ein, zuletzt fehlten nur noch die Reifen.

Noch ist nur das Radel grün - die Natur wird in den kommenden Wochen nachziehen.

Nachdem auch diese eingetrudelt waren, machte ich mich am vergangenen Freitag bepackt mit einer grossen Sporttasche und einer Laufradtasche auf den Weg nach Frauenfeld, um das Radl in der Pedalerie zusammen zu bauen. Nach einem Nachmittag Schrauben und Hämmern war es so weit: Das "Jackal" war fahrbereit. Und hat sich seither als extrem verspieltes, aber bockhartes Radl erwiesen.

Der Frühling kann kommen, meine "mean green pumptrack machine" ist bereit!
Und die Farbe kommt in der Abendsonne so richtig zur Geltung.

Ob im Gelände oder im Stadtverkehr: Dieser Schakal schlägt Haken, wenn man nur schon "Kurve" denkt. Durch die kurzen Hinterbaustreben ist es auch kinderleicht, das Vorderrad hochzuziehen. Mit diesem Teil könnte sogar ich aufs Alter (haha) zum Wheelie- und Manualking werden. Mal schauen, wie weit ich es diese Saison in Sachen Aufmhinterradfahren bringe - bisher eine meiner schwächsten Disziplinen auf zwei Rädern.

Längere Ausfahrten gehen wegen des bockharten Rahmens und der kurzhubigen Federgabel übrigens nicht nur auf die Knochen: Auch die Stützmuskulatur ist massiv gefordert. Nachdem ich am Samstag das Bike im Gelände eingeweiht und 70min lang über kleine Pfade mit Wurzeln und Schlamm geprügelt hatte, brannten meine Oberschenkel, und der Rücken schmerzte auch. Ist eben nicht wirklich für Touren gedacht, das Teil.

Wer sich für Details zu diesen 13 Kilogramm Fahrrad interessiert: Die gibt es hier nachzulesen.

Montag, 7. März 2011

Office @ Balkonien

Der Lenz meldet sich mit Vehemenz: Heut Nachmittag konnte ich erstmals wieder das "Büro" auf den Balkon meiner Wohnung verlegen - und die Kraft der Frühlingssonne tanken.


Gestern Sonntag zeigte sich das Wetter noch weit weniger einladend: Morgens und am frühen Nachmittag gab's noch vereinzelte, sonnige Abschnitte, danach wurde der Himmel nur grauer. Und eine schneidende Bise machte den Aufenthalt draussen noch ungemütlicher. Dennoch machte ich mich Nachmittags auf, um mit einem Kumpel zwei Stunden lang die Wälder zwischen Eschenberg, Töss und Kyburg unsicher zu machen. Motto: Restalkohol verbrennen auf viel zu schweren Bikes mit viel zu viel Federweg und viel zu wenig Gängen.


Heute hingegen schien die Sonne bereits am Morgen, und seither sind auch noch die letzten Nebelschleier verschwunden. So dass die Frühlingssonne schon ihre volle Kraft entfalten kann. Das kommt gelegen, denn zur Zeit sind mehrere grosse Aufträge pendent. Also habe ich mich aufm Balkon eingerichtet, um gleichzeitig Sonne zu tanken und zu arbeiten. Einer der kleinen, aber nicht zu unterschätzenden Vorteile eines Home Offices.

Sonntag, 6. März 2011

Tubel Trophy in Züri Nord





Man kennt sie: Die Typen in fetten Sport-SUV, die sich wie die Herren der Strasse aufführen. Auch wenn sie im Suff mal Schienen und Strasse verwechseln - und dann nichts unversucht lassen, um sich aus der Sache rauszumogeln.

Der Vorgang ist schon fast mustergültig: Ein 36-jähriger Schweizer gönnt sich am Samstag Abend ein paar alkoholische Getränke. Gegen 23 Uhr setzt er sich in seinen aufgemotzten BMW X5 - so etwas wie die Definition eines Fahrzeuges aus der Öko-Kategorie F, um Heim in die Region Bülach zu fahren. Irgendwie zweigt er falsch ab, gerät auf die Schienen der Glatttal-Bahn und - fährt weiter! Umsonst hat man doch nicht so einen feschen Geländewagen mit Rennstreifen.

Was für den einen das Ende einer Blaufahrt war...

Nun, der Wagen blieb nach einer Weile stecken, der Hansel machte sich aus dem Staub und liess sich per Taxi Heim fahren. Um von dort der Polizei anzurufen und seinen prolligen Spritschlucker für Profilierungsbedürftige und andersweitig zu kurz Gekommene als geklaut zu melden. Derweil waren rund 50 Feuerwehrleute mit der Bergung seiner blechgewordenen und inzwischen sehr immobilen Geschmacksverstauchung beschäftigt.

..., bedeutete für andere den Beginn eines Nachteinsatzes. Gut gemacht, Tubel!

Für den Blaufahrer ohne An- oder Verstand wird die Sache übrigens teuer - wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand, Nichtgenügens der Meldepflicht und Irreführung der Rechtspflege hat er sich vor der zuständigen Staatsanwaltschaft zu verantworten. Und ja, ein Auto wird der Typ hoffentlich so bald nicht mehr lenken. Angesichts dieser Mischung aus Dummheit und Unverforenheit kommt mir der Klassiker von Baby Jail in den Sinn: "Tubel Trophy" in Züri Nord



Mehr Bilder von Markus Heinzer/newspictures zur Heldentat von Mr. X5-Blaufahrer gibt's auf der Website des Tages Anzeigers.

Samstag, 5. März 2011

Wenn das Hirn auf drei Zylindern läuft...

Dass die Gräben in der Verkehrspolitik tief sind, ist nichts Neues. Soeben bin ich aber auf der Website des Tages Anzeigers auf den Kommentar einer Leserin gestossen, der so daneben ist, dass er eine Erwähnung auf meinem Blog verdient.

Den Anlass bot ein Artikel zu einem Postulat der Grünen, die Sihlhochstrasse abzubrechen: Dieses Ungetüm aus Stahl und Beton wurde 1974, als man das Automobil noch als Segen für die Menschheit und Motor des Fortschritts sah, als Teil einer Stadtautobahn erstellt. Dabei wurde die Sihl quasi "gedeckelt", denn die Autobahn sollte über dem Fluss und mitten durch Wohnquartiere hindurch bis zum Bahnhof und weiter in Richtung Rosengarten beziehungsweise Westtangente (um noch zwei weitere, sanierungsbedürftige Planungsleichen auf Stadtgebiet anzusprechen, wo die Wohnqualität bedenkenlos dem Mobilitätswahn geopfert worden ist) gezogen werden.

Wurde zum Glück NIE realisiert: Die Ypsilon-Stadtautobahn, hier als Projektskizze
vor der Sihlpost - und damit auch direkt beim Hauptbahnhof.

Zum Glück wurde diese gleichermassen grössenwahnsinnige wie auto-mane Fehlplanung nie umgesetzt - und so blieb die Sihlhochstrasse ein Wurmfortsatz einer Autobahn, deren Verkehr sich über Jahrzehnte stockend in die Stadt wälzte. Böse Zungen meinten bald, dass sich Brunau nicht umsonst auf Stau reime. Dass die von der Autobahn her kommenden Kolonnen oft die Ausfahrten des zentralen Depots der städtischen Berufsverkehr blockierten, war ein weiterer Planungsfehler, der einen sprachlos machen konnte.

Typisches Bild in der Brunau: Rückstau am Autobahnende.
Das graue Gebäude hinten links ist übrigens das Feuerwehr-Depot.

Nun, da endlich und für viele Milliarden Franken die Westumfahrung der Stadt Zürich inklusive Üetlibergtunnel fertig gestellt werden konnte, ist die Daseinsberechtigung dieses Relikts einer nur aufs Auto ausgerichteten Fehlplanung (die Geschichte des Ypsilons wird von der NZZ in einem Artikel umfassend und überraschend ausgewogen bis kritisch abgehandelt) nicht mehr gegeben. Und daher verlangen die Grünen nun, im Interesse der Schaffung von Grünräumen und einer Aufwertung des Quartiers rund um die Brunau, die Sihlhochstrasse abzureissen.

In den Kommentarspalten des Tages-Anzeigers formiert sich aber bereits der Widerstand der Auto-Pendler gegen den Abbruch dieser Bausünde. Und dabei äussert sich eine Dame besonders dreist, meint sie doch im Zitat:

Die Stadt Zürich benötigt keine Grünflächen und Erholungsräume. Die Stadt Zürich benötigt mehr Strassen und Parkplätze. All diejenigen, welche Erholung benötigen, sollen mit dem Velo und den ÖV aufs Land fahren.

Richtig, Frau Huber! Die Stadt Zürich ist bloss ein Zubringer zwischen dem Häuschen im Grünen und dem gut bezahlten Arbeitsplatz in der Stadt. Das Gesocks, das sich in dieser Stadt, pardon Verkehrs- und Parkfläche zu wohnen erdreistet, hat keinen Anspruch auf mehr Ruhe, weniger Abgase oder gar Grünflächen oder Freiräume, in der Stadt aufwachsende Kinder sollen mangels Sportplätzen ruhig verfetten.

Oben der Autobahndeckel mit seinen Betonstelzen, unten der Fluss:
Die Sihlhochstrasse, hier noch vor der Stadtgrenze.

Alles sehr verquer, und ein Beleg dafür, dass dieses auf den motorisierten Individualverkehr fixierte Denken noch keineswegs ausgestorben ist. Selbst sage ich: So lange im Pendlerverkehr in zwei von drei Autos nur eine Person sitzt, sollte die Anzahl der Parkplätze in Zürich eher weiter reduziert werden. Und mehr Strassen braucht's schon gar nicht. Die Stadt ist zum Leben da, zumindest für knapp 300'000 Menschen.

Wer sich vertiefter mit der missratenen Verkehrsplanung rund ums Ypsilon beschäftigen will, dem sei der entsprechende Thread im SykscraperCity-Forum empfohlen - dort gibt's eine Menge weiterführender Links.