Samstag, 4. September 2010

Rutte am Ende - gut so!

In den Niederlanden drohte nach den Wahlen eine Minderheitsregierung von Rechtsliberalen und Christdemokraten, geduldet von einem der unappetitlichsten Rechtspopulisten Europas. Dieses Schreckensszenario ist nun am Ende.

Eines vorweg: Die Christdemokraten in meiner Heimat sind mir alles andere als sympathisch. Aber immerhin haben sie zumindest an der Basis soeben Rückgrat bewiesen - und Mark Rutte's Traum einer rechtsbürgerlichen Regierung mit Unterstützung von Rechtspopulisten zerplatzen lassen. Gut so, denn die jüngste Vergangenheit der Niederlande zeigt, dass mit diesen Rechtspopulisten - ob unter Führung des ermordeten Pim Fortuyn oder unter Geert Wilders' Leitung - wortwörtlich kein Staat zu machen ist.

Ein Ehrgeizling, der auf der Zielgerade zu scheitern scheint: Mark Rutte.

Bereits während der Formation, wie die oft ausgesprochen langwierige Regierungsbildung hinter den Kulissen in den Niederlanden genannt wird, versuchte Wilders' Partij van de Vrijheid (PVV, wortwörtlich übersetzt "Freiheitspartei" - da weiss man gleich, mit was für intellektuellen Tiefstfliegern man es zu tun hat, Mike Dreher und seine lustigen Buben oder Berlusconi's "Popolo della Liberta" lassen grüssen) ihre Machtposition auszuspielen. Auch wenn man nicht Teil der Regierungskoalition sei, erwarte man von Rechtsliberalen und Christdemokraten, dass diese zentrale Teile des PVV-Programms in ihr Regierungsprogramm aufnähmen, war von Exponenten dieser Partei zu hören.

In meiner Muttersprache: Wie heeft een gehaktbal, om die stomme bek te stoppen?

Auch die Bitte von Christdemokeraten an die Adresse von Wilders, sich bei einer Demo gegen den Bau einer Moschee in Manhattan rhetorisch in Zurückhaltung zu üben, schlug dieser in den Wind. Damit provozierte er immer stärkeren Widerstand an der Basis der Christdemokraten - was nun zum Übungsabbruch führte. Die grossen Verlierer sind nun Geert Wilders, der unter Beweis gestellt hat, dass mit ihm kein Staat zu machen und keine Regierung zu bilden ist. Und Mark Rutte, der Vorsitzende der Rechtsliberalen, ein leicht schmieriger Ehrgeizling ohne Skrupel. Der hatte auf Grund persönlicher Dissonanzen eine Koalition mit den bei den Wahlen praktisch gleich starken Sozialdemokraten abgelehnt und statt dessen auf Wilders gesetzt.

Wenn es für Rutte ganz dumm (und also nach meinem Geschmack) läuft, kommt es nun in meiner Heimat zu einer Mitte-Links-Koalition: Die Linksliberalen und die Sozialdemokraten könnten mit Groen-Links zusammen spannen und Rutte in die Opposition verweisen. Das wäre von Beginn weg meine erste Wahl gewesen. Oder noch schöner: Rutte wird in der eigenen Partei weggeputscht, und diese koaliert danach mit den Sozialdemokraten und den Linksliberalen. Das wäre eine Neuauflage des Paars-Kabinetts aus den 90er Jahren, bevor das Pendel in den Niederlanden von ausgesprochen liberal zurück zu schwingen begann in Richtung provinziell und bieder, verkörpert durch Premier Balkenende.

Verkörperung des Bieder-Provinziellen: Jan-Pieter "raar haar" Balkenende,
übrigens ein verlässlicher Verbündeter von George W. Bush.

Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber zumindest ist das Schreckgespenst einer rechtsbürgerlichen Regierung in Geiselhaft eines durchgeknallten Rechtspopulisten wie Wilders vom Tisch. Und das war höchste Zeit.

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