Freitag, 26. Februar 2010

Artig oder entartet?

Wenn Kunst zum medialen Tagesthema wird, hat das nur selten etwas Gutes zu bedeuten. Auch bei der ganzen Aufregung um Christoph Büchels provokative Installation in Wien ist das nicht anders.

Kunst kann vieles: Etwa zum Denken anregen, provozieren, gefestigte Überzeugungen und Gewohnheiten hinterfragen. Eher selten will sie nur unterhalten oder gefallen. Daher ist es auch wenig überraschend, dass Kunst oftmals bei jenen aneckt, die nicht zum Denken angeregt werden und die ihre Überzeugungen und Gewohnheiten auch nicht hinterfragen wollen. Das ist bei der neusten Installation des Basler Künstlers Christoph Büchel auch nicht anders: Da wurde ein kompletter Swingerclub ins Museum Secession verpflanzt. Tagsüber gibts nur das Inventar zu sehen, abends auch mehr.

Eine von Christoph Büchels Installationen:
Ein naturalistisches Abbild einer heilen Welt sieht anders aus.

Prompt ist nicht nur die bessere Gesellschaft in Wien empört - auch die Hüter der einzig artigen schweizerischen Kultur steigen sogleich auf die Barrikaden. Reaktionäre Politiker fordern (einmal mehr), dass endlich alle Subventionen für Pro Helvetia gestrichen werden. Denn ohne die Unterstützung von Pro Helvetia wäre Büchels Installation kaum zu Stande gekommen. Und durchgeknallte Leserbriefschreiber meinen gar, das Volk müsse darüber abstimmen dürfen, welche Kunst unterstützungswürdig, da artig sei - und welche nicht.


Dass man sich in sehr trübes Gewässer begibt, wenn man sich anmasst, Kunst in gut und böse, in artig und entartet, in schweizerisch und unschweizerisch zu unterteilen, ist die eine Sache. Die Parallelen zu Vorgängen im Dritten Reich dürften manch unheimlichen Patrioten nicht einmal in den Sinn kommen. Dass die empörten Füdlibürger genau so reagieren, wie es sich der Künstler erhofft hat, ist die andere. Und dass ein Medizinhistoriker sich zum obersten Richter in Fragen von Kunst und Kultur aufplustert, ist nur noch lächerlich. Im entsprechenden Interview blieb ich an einer seiner Antworten hängen.

Dies gelesen:
Man muss die Pro Helvetia als Ganzes anschauen. Wir haben auch das Feedback von vielen Botschaften im Ausland, die sich richtiggehend schämen für die Pro-Helvetia-Kulturdarbietungen, die sie präsentieren müssen. Darunter hat es durchgeknallte Künstler, die irgendeinen Mist ablassen. Das macht im Ausland nichts als einen schlechten Eindruck.

Das gedacht:
Man muss den Schweizer Politbetrieb als Ganzes anschauen. Wir haben auch das Feedback von vielen Botschaften im Ausland, die sich richtiggehend schämen für die Darbietungen, welche schweizerische Politiker, insbesondere die mit der Lizenz zur Definition des einzig echt Schweizerischen, immer wieder zum Besten geben. Darunter hat es durchgeknallte Typen (C. Mörgeli, U. Schlüer, W. Wobmann, T. Brunner), die irgendeinen Mist ablassen. Das macht im Ausland nichts als einen schlechten Eindruck.

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