Donnerstag, 12. November 2009

eBikes und Steampunk

Im Arte-Magazin «Tracks» wurde kürzlich über Steampunks berichtet. Inspiriert von Jules Verne, mischen diese viktorianische Ästhetik mit ScienceFiction – und stellen dabei moderne Technologien mit einem Augenzwinkern in Frage.

Da frage ich mich: Bin ich ein eBike-Steampunk? Dass ich kein grosser Fan von eBikes bin, habe ich hier schon früher Kund getan. Wenn dank dieser Fahrräder mit elektrischem Zusatzantrieb mehr Leute Kurzstrecken per Velo statt mit dem Auto zurücklegen, soll es mir recht sein. Aber seien wir ehrlich: Die Dinger sind bisher schwer und sehen funky aus.

Denn das Fahrrad überzeugt mich, weil es ein ebenso simples wie effizientes Vehikel ist: 10 Kilo Metall, Kunststoff und Gummi reichen, um einen rasch und flexibel von A nach B zu bringen. Aus eigener Kraft, ohne fossile Brennstoffe und ohne Abgase. Und auch ohne Strom, der zum Teil aus bulgarischen AKWs und Braunkohle-Kraftwerken stammt

Wie ich mir den «Tracks»-Beitrag über Steampunk anschaute, kam mir noch ein weiterer Grund dafür in den Sinn, warum ich mich nicht richtig für eBikes begeistern kann. Denn die Steampunks stricken an einer Gegenwelt, die auf der Dampfenergie basiert. Der Grund: Diese sei im Unterschied zur modernen, auf Verbrennungsmotoren und Elektronik basierenden Technologie begreif- und reparierbar.

Krude Mechanik statt cleverer Elektronik, Transmissionsriemen statt Touchscreens, so lautet das Ideal der Steampunks, und Plastik ist definitiv nicht angesagt. Mehr noch als eine Dampfmaschine ist auch das Fahrrad mechanisch simpel und bei Bedarf mit wenigen Werkzeugen und Ersatzteilen zu reparieren – mal abgesehen von den Federelementen moderner Mountainbikes, zumindest.

Noch muss niemand das Fahrrad zwecks Diagnose an einen Laptop anschliessen. Bei eBikes sieht das bereits anders aus: Steuerungselektronik, Sensorik und Elektromotoren rufen im Fall eines Defekts nach der Fachwerkstatt. Ein Teil des Fahrrades, dieses Inbegriffs von simpler und doch überzeugender Mechanik, droht so zur Blackbox für den Konsumenten zu werden. Aus der Unterhaltungselektronik kennt man das nicht anders, beim Fahrrad ist mir diese Tendenz zum Irreparablen aber höchst suspekt.

Beim Anblick von Jake von Slatts auf viktorianisch getrimmten Lap- und Desktops kam mir noch ein weiterer Bezugspunkt zum Fahrrad in den Sinn: Nicht wenige der Juwelen, die an der «Northern American Handmade Bicycle Show» (NAHBS) ausgestellt werden, scheinen einer ganz ähnlichen Ästhetik zu huldigen.


Holz, auf Hochglanz polierte Metallflächen und ein generell eigenwilliger Mix aus alt und neu zeichnen zum Beispiel auch das «Blinglespeed» der kleinen Rahmenbau-Schmiede Naked aus, welches dieses Jahr den Zuschauerpreis an der NAHBS erhielt. Ein wahres Steampunk-Radel, und ein Augenschmaus dazu.

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