Montag, 28. September 2009

Gamma: Von schwarzen Schafen, überlaufenden Fässern und gescheiterter Selbstregulierung

Unter den Sportfans im Kanton Zürich herrscht nach der überaus deutlichen Annahme der «Gamma»-Datenbank durchs Stimmvolk Konsternation. Dabei haben sich die Fans diesen Schlamassel selbst eingebrockt.

So viel vorweg: Ich geh selbst nicht in Stadien, um Sportanlässe live zu verfolgen. Aber ich bekomme immer mal wieder die Folgen von sportlichen Grossanlässen zu spüren. Ob es um Haufenweise Scherben auf der Strasse vorm Stadion oder um sich äusserst prollig bis bedrohlich aufführende Sportfans spätabends im Zug geht: Es ist immer wieder ein zweifelhaftes Vergnügen – und ein Vergnügen obendrein, mit dem viele Aussenstehende ungefragt «beglückt» werden. Etwa, wenn Fussball-Fans auf dem Heimweg per SBB mehrmals die Notbremse ziehen. Und andere Leute wegen der resultierenden Verspätungen dann ihre Anschlüsse ab dem Zielbahnhof verpassen. Oleole, anyone?

Ausnahmezustand im Namen der Freiheit? Szenen aus dem Frühjahr 2009, als der FC Basel
mal wieder beim FCZ zu Gast war. Pack trifft Pack, schon machts Zack, oder so ähnlich.

Leider hat es die überwiegende Mehrheit der weder gewalttätigen noch gewaltbereiten Fans nie verstanden, aus eigenem Antrieb für Ordnung im Stadion und auf dem Weg zu selbigem zu sorgen. Was zur Folge hatte, dass der Anteil der als unbedenklich einzustufenden Fans in den Stadien stetig abnimmt. Denn diese meiden Stadienbesuche, weil sie zu Recht fürchten, in gewalttätige Auseinandersetzungen rivalisierender Fan-Gruppen zu geraten. Dass «Fan» etymologisch vom «Fanatiker» abstammt, wird spätestens dann deutlich, wenn Leuchtfackeln in Familiensektoren geschmissen, Autos mit dem falschen Nummernschild mit Steinen attackiert oder Trams und Züge vandaliert werden. Leider alles schon passiert.

Lange hat man darauf gesetzt, dass die Sportvereine dieses Problem mittels Fanprojekten in den Griff bekommen – Selbstregulierung war das Schlagwort. Die Hoffnung war vergebens, die Ausgaben für Polizeieinsätze im Zusammenhang mit Sportevents steigen dafür unablässig. Im Klartext hat hier die Allgemeinheit nicht nur unter einer kleinen Minderheit von – man verzeihe mir den unvermeidlichen Klartext – Arschlöchern zu leiden. Nein, sie hat über die Steuern auch noch die von diesen Arschgeigen mutwillig verursachten Schäden sowie die provozierten Polizei-Einsätze zu berappen.

Kein Platz für Familien: Sektor mit sogenannt erlebnisorientierten Fans, hier aus Basel.

Dass dann 71.5% der Stadtzürcher ja sagen zu einem weit gehenden Überwachungsprojekt wie «Gamma», braucht einen wirklich nicht weiter zu wundern. Zu lange haben sich zu viele Fans mit einem kleinen, unbelehrbaren Kern an Gewalttätern solidarisiert. Und damit zu vielen Anständigen den Spass am Stadionbesuch komplett ruiniert. Wenn dann noch Clubverantwortliche wie Ancillo Canepa vom FCZ Gewaltexzesse verharmlosen, dann ist auf gut schweizerdeutsch «gnueg Heu dunne».

Das deutliche Ja zu «Gamma» – sogar die notorisch polizeikritischen und in Sachen Fichenstaat sensibilisierten Kreise 4 und 5 haben mit 60% Ja gesagt – sollte nun für Clubverantwortliche und Fansprecher kein Grund zum Lamentieren sein. Sondern ein Grund mehr, sich endlich und konsequent von gewaltbereiten Elementen zu distanzieren. Denn die Freiheit, die nun den Fussballfans angeblich genommen wird, war schon lange eine Freiheit, die eine kleine Gruppe ohne jedes Mass auf Kosten der ganz grossen Mehrheit ausgelebt hat. Und so geht’s nun man nicht. Die Retourkutsche kam mit dem Stimmzettel, das Süppchen müssen Vereine und Fans nun wohl oder übel auslöffeln. Eingebrockt haben sie es sich selbst.

Schöne Freiheit: Treten und Hauen im Kollektiv, muss etwas Erhebendes haben.

PS: Sollte ein Hooligan-Vertreter auf diesen Eintrag stossen, so möge er doch bitte mit mir eine sachliche Diskussion suchen – und nicht versuchen, mir den Arschgeigen-Mob auf den Hals zu hetzen. Danke auch.

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