Mittwoch, 29. Oktober 2008

The Treadmill – auf Stollenreifen im Hamsterrad

Bikes zu testen ist harte Arbeit: Spätestens am dritten Tag und auf der vierzehnten Runde hat man die immer gleiche Teststrecke gesehen. Ein guter Grund, sich die Sache etwas zu versüssen.

Ende Oktober. Der Üetliberg (Zürcher Hausberg, eigentlich Uto Kulm) ist in tief hängenden Wolken verschwunden, und die ersten Nassschnee-Flocken fallen bei geschätzten 5 Grad vom Himmel. Höchste Zeit, hier im Blog nochmals auf eines der Highlights im goldenen Oktober zurück zu blicken: Während vier Tagen weilte ich im Tessin, um einer Flotte von 2009er-Fullies auf den Zahn zu fühlen. Das ganze bei angenehmen Temperaturen zwischen 15 und 20 Grad und angetrieben von Spezialitäten der lokalen Küche.

Zum nunmehr dritten Mal habe ich für die schweizerische Zeitschrift «Outdoor Guide» ein Testfeld mit nicht weniger als 16 Mountain Bikes der kommenden Saison zusammen gestellt. Dazu gesellten sich insgesamt 13 Testfahrerinnen und Testfahrer, die dem Testmaterial gründlich auf den Zahn fühlen sollten. Damit keine Schwächen verborgen bleibt, entschlossen wir uns, die Testfahrten ins Tessin zu verlegen – was nicht bloss klimatische und kulinarische Gründe hat.

Denn so lieblich sich die Sonnenstube der Schweiz an den Gestaden von Lago di Lugano und Lago Maggiore gibt, so knackig sind die Bikestrecken im Tessin: Lose Steine aller denkbaren Grössen, viele Wurzeln und als zusätzliches Handicap eine Schicht Laub, die einen über die Beschaffenheit des Untergrundes im Unklaren lässt, sorgen für Verhältnisse, bei denen sich die Spreu vom Weizen trennt. Zumal auf dem Rundkurs am Monte Ceneri, auf dem 2003 die Weltmeisterschaften der Profis ausgefahren wurden.

Im Vergleich zum Vorjahr hatten wir diesmal etwas gröbere Bikes geordert: Gefragt waren 14 bis 16 Zentimeter Federweg an beiden Achsen, dennoch akzeptable Bergauf-Eigenschaften und jede Menge Reserven und Spass in den Abfahrten. Im Marketing-Slang der Branche werden solche Modelle auch als «All Mountains» bezeichnet, im Volksmund als Tourenbikes fürs Grobe. Dabei sollten die Probanden möglichst nicht mehr als 14 Kilogramm wiegen, damit auch lange Anstiege nicht zur Qual werden. Mit Ausnahme von zwei Testrädern blieben alle Probanden unter der vorgegebenen Marke.

Dank der durchgehend spezifizierten, etwas breiteren Bereifung hielt sich anders als im Vorjahr auch das Schlauch-Gemetzel in engen Grenzen. Nur der RaceKing von Continental erwies sich trotz 2.2 Zoll Breite als deutlich zu leichtgewichtig für das Testgelände – und fiel als Pannen-Champion negativ auf. Geschätzte sechs Reifenpannen kamen mit dem schick designten LaPierre beisammen, auf dessen Felgen diese Mimosen-Reifen aufgezogen waren.

Da plädiere ich klar für etwas schwerere, dafür auch grobem Gelände ohne weiteres gewachsene Reifen. Dass viele Hersteller gar an 7000-Franken-Bikes allerbilligste Schläuche verbauen (ChengShin, gedacht für 1.6 bis 2.1 Zoll und verbaut in Reifen mit 2.35 Zoll Breite), ist ein Ärgernis für sich. Sparen, wo es keiner (im Bikeshop) sieht, aber mit Garantie auf der ersten Ausfahrt merkt, das muss nun wirklich nicht sein.

Dafür fiel keins der getesteten Räder durch, und zwei Bikes schwangen gar deutlich obenaus: Das neue «Remedy» von Trek und das «Zesty» von LaPierre wurden den hohen Erwartungen mehr als gerecht. Leicht und effizient in den Anstiegen, aber dennoch Waffen in den Abfahrten, damit gehen die beiden Bikes als Schweizer Armee-Sackmesser respektive als eierlegende Wollmilchsäue durch.

Andere Testräder wie etwa das Merida und das Commencal hatten ihre Stärken klar in der Abfahrt – und entsprechend häufig wurden diese Bikes dann auch per Gondel zur Mittelstation der Tamaro-Bahn transportiert, um von dort aus über verwinkelte, steinig-wurzlige Pfade wieder zu Tal zu blochen. Zu Beginn der Testerei war dies nur als Zückerchen am Ende des Testtages gedacht. Weil am sonnigen Sonntag Nachmittag aber alle Bikes durchgetestet waren, konnten wir uns noch einige Zusatzfahrten mit der Gondel gönnen – und damit nachholen, was uns am nasskalten Samstag entgangen war.

Dank Pasta in der Mittagspause und Grotto- und Pizzeria-Besuchen am Abend schätze ich mal, dass ich an besagtem, verlängerten Wochenende kein Gramm abgenommen habe. Wer einen solchen Truckerschnauz spatzieren fährt wie ich, sollte aber auch darauf achten, nicht noch dünner zu werden.

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