Dienstag, 26. August 2008

Weg mit überdimensionierten Spritfressern!

Gestern haben die Jungen Grünen ihre «Stopp-Offroader»-Initiative bei der Bundeskanzlei eingereicht – mit gut 120'000 beglaubigten Unterschriften. Alles nur Neid der SUV-Losen?

Als überzeugter Nichtautofahrer mokiere ich mich immer mal wieder über den Schwachsinn, dem Menschen nur allzu gerne verfallen, wenn es um die heilige Kuh Auto geht. Dass man zuerst eine Tonne Blech mit Hilfe von hundert und mehr Pferden in Bewegung setzen muss, um den eigenen müden Arsch von A nach B zu befördern, will mir nun einmal nicht in den Kopf. Zumal statistische Erhebungen zeigen, dass im Berufsverkehr durchschnittlich 1.8 Personen pro Auto unterwegs sind. Eigentlich täte es also ein Smart, aber was bevölkert stattdessen die Strassen?
Mit ihrer hohen Frontpartie sind SUVs eine Gefahr für alle anderen Verkehrsteilnehmer.

Gerade in der Stadt Zürich ist die Dichte an so genannten «Goldküsten-Panzern» enorm. Ob Range Rover Sport V8, Porsche Cayenne (meist als «S»- oder «Turbo»-Variante, man gönnt sich ja sonst keinen Spass im Leben), Audi «Q7» oder VW «Touareg»: Wer sich von den Oasen der Reichen am rechten Seeufer aus in die Stadt vorwagt, scheint ein allradgetriebenes Ungetüm zu brauchen, das nicht nur deutlich über 2 Tonnen wiegt, sondern auch Unmengen an Kohlendioxid ausstösst.

Vernunft vs Emotionen - oder warum bei Autofahrern meist zweiteres gewinnt.

Ist gross gleich sicher?
Am bedenklichsten aber ist für mich als überzeugten Velofahrer etwas anderes: Nicht nur sind SUVs auf Grund ihrer Abmessungen rollende Hindernisse, die schon mal die Sicht versperren. Sie werden oft auch von unsicheren Fahrern gelenkt, die sich just wegen ihrer Unsicherheit im Verkehr für ein solches Ungetüm von Auto entschieden haben. Prompt lassen gerade solche Fahrer nur allzu oft rechts keine Lücke für Fahrräder (sonst könnte ja noch ein Rückspiegel von einem Tram abrasiert werden...) und fallen auch sonst durch eine Fahrweise auf, die zwischen kopf- und rücksichtslos einzuordnen ist.

Im Falle des (Un-)Falles reicht der SUV-Fahrer die Arschkarte weiter...

Damit wären die beiden Hauptargumente der Initianten genannt: Erstens der übermässige Schadstoff-Ausstoss von stark motorisierten Geländewagen, der den innerhalb der EU angestrebten Flottenausstoss pro Hersteller um das Doppelte bis Dreifache übersteigt. Und zweitens das hohe Gefährdungspotential solcher Fahrzeuge, besonders in den Händen von unsicheren Lenkern: Das hohe Leergewicht und der weit hochgezogene Kühlergrill sorgen dafür, dass ein SUV bei einem Unfall alles aus dem Weg pflügt: Vom Fussgänger über den Velofahrer bis zum Kleinwagen-Lenker kommen alle unter die Räder – oder besser gesagt flach raus.

Nicht gegen Bergbauern und Jäger gerichtet...
Bei Diskussionen im Kollegenkreis wurde gegen die «Stopp-Offroader»-Initiative ins Feld geführt, dass so auch Bergbauern und Jäger benachteiligt würden, die auf ein geländegängiges Fahrzeug angewiesen sind. Da der Initiativtext Ausnahmeregelungen ausdrücklich vorsieht, wenn solche Fahrzeuge für bestimmte Einsatzzwecke unabdingbar sind, sehe ich keine Gefahr von solchen Härtefällen. Zumal Bauern und Jäger gewandte Lobbyisten sind, welche ihre Interessen in Bern einzubringen wissen. Ausserdem dürfen bereits zugelassene Offroader weiter benutzt werden, wenn auch mit Tempolimit 100. Auch dies dürfte weder Jäger noch Bergbauern besonders kümmern.


Ein anderes Argument gegen die Initiative führt der Präsident des TCS Zürich ins Feld: Reto Cavegn verbeisst sich in den im Initiativtext genannten Grenzwert von 250g Kohlendioxid pro Kilometer – und nennt die «Stopp-Offroader»-Initiative darum «Neid-Initiative». Denn nach diesen Bestimmungen könnten bald auch keine Ferraris, Bentleys oder Aston Martins mehr zugelassen werden. Herr Cavegn übersieht dabei geflissentlich, dass der Kohlendioxid-Ausstoss nur eines von drei Argumenten ist, nebst einem Leergewicht von 2.2 Tonnen und der bedrohlichen und verletzungsträchtigen Ausgestaltung der Fahrzeugschnauze. Auf diese bilden sich US-Autodesigner auch noch etwas ein - und nennen das dann stolz «Get out of the Way»-Design. Getreu dem amerikanischen Motto: Sei mit uns, oder wir machen Dich platt!

Blechgewordene Versinnbildlichung einer Kultur der Rücksichtslosigkeit:
Das «Get out of the Way»-Design des Dodge RAMs.

... sondern gegen übermotorisierte Lifestyle-Offroader
Mit anderen Worten: Es geht den Initianten weder um den Bergbauern mit seinem Diesel-Jeep noch um den reichen Schnösel mit schnittigem Sportwagen. Es geht um Fahrzeuge, die so überproportioniert wie übermotorisiert sind – und vor allem überflüssig. Immerhin: Dank der steigenden Spritpreise ist der Absatz der meisten dieser zivilen Panzer ohnehin rückläufig, wie der Tages Anzeiger recherchiert hat. Was in einem gewissen Sinne ein Lichtblick ist. Weil die Initiative nur auf Neuzulassungen abzielt, reicht sie meines Erachtens auch nicht, um den bereits angerichteten Schaden in den Griff zu bekommen.

Angezeigt ist vielmehr eine Revision der Bestimmungen betrefflich der Motorfahrzeugsteuern. Da dieses Thema in die Kompetenz der Kantone fällt, kommt man aber nur langsam voran. Auf jeden Fall wäre es gutbürgerlich, den Leuten die Freude an ihren überdimensionierten und übermotorisierten Spritschluckern über emissions- und verbrauchsabhängige Steuern zu vergällen, statt zu Verboten zu greifen. Schliesslich hört die Freiheit des einen dort auf, wo sie die Freiheit des anderen einschränkt. Und das ist bezüglich SUVs im immer knapper werdenden urbanen Strassenraum längst der Fall.

A propos knapper werdender Strassenraum: So viel Platz brauchen Auto, öV
und Velo, wenn gleich viele Leute transportiert werden sollen.

Der langen Rede kurzer Sinn: Fahrt Velo – und macht Euch über die lernunfähigen Blechkutscher lustig, die mit laufendem Motor übelgelaunt im unvermeidlichen Feierabendstau stehen. Ach ja: Je grösser die Karre, desto mehr Häme gebührt dem Insassen.

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