Dienstag, 26. Februar 2008

Bike-Filme, Teil I: Der Massstab

Weil in den kommenden Wochen einige Premieren von Bike-Filmen anstehen, kursieren zur Zeit Teaser-Clips und Flyer verschiedener Premieren-Parties. Ich starte den Überblick mit dem neusten Werk derjenigen Produktionscrew, die als Massstab für alle anderen gilt: Die Rede ist von «Seasons».

Die meisten Bike-Filme bestehen aus einer mit aggressivem Metal unterlegten Aneinanderreihung krasser Tricks und noch krasserer Stürze - was schnell ermüdend wirkt. Und dann gibt es als Kontrastprogramm die Filme von «The Collective»: Deren drittes Werk «Seasons» - englisch für Jahreszeiten - wird demnächst veröffentlicht.
Und die vier Jahreszeiten sind denn auch Teil des Filmkonzepts, denn sieben der weltbesten Gravity-Fahrer werden durchs Jahr hindurch mit der Kamera begleitet - bei Sonne am Pool, bei Regen, Wind und ja, sogar im Schnee. Heraus gekommen sind – wie schon bei den Vorgängerfilmen «Collective» und «Roam» - atemberaubende Bilder, die Lust aufs Biken machen. Und die spielend tausend Worte ersetzen, wenn es darum geht, die Faszination des Bikesports zu erklären.

Höchste Zeit also, um die Bilder für sich sprechen zu lassen - wobei ein grosser Vorteil der Filme von «The Collective» hier erst ansatzweise zur Geltung kommt: Schnitt, Kameraführung und Soundtrack lassen einem Zeit zum Durchatmen und geniessen.


Wer angesichts dieser Bilder Lust auf mehr, vielleicht sogar auf Premieren von Bike-Filmen bekommen hat: Am 8. März wird der Schweizer Film «Lines» erstmals gezeigt, und zwar am selben Abend in Bern und in Zürich. Am 18. April dann lädt Ionate Films zur Premiere von «Virtuous», einer aufwändigen HD-Produktion aus dem deutschen Kulturraum. Und für Ende April darf man sich auf «Kranked 7 - the Cackle Factor» freuen. Auch «Seasons» ist für den April angekündigt. Wann genau dieser Leckerbissen in voller Länge (und auf einer möglichst grossen Leinwand) genossen werden kann, steht bis dato noch nicht fest.

Montag, 25. Februar 2008

«twoo»: Grundsätzliches und Kuriosa

Die Fahrradmessen-Landschaft in der Schweizer ist in Bewegung: Seit sich die Velobranche zum Alleingang und zur Abspaltung von der «2Rad» in Zürich entschieden hat, versuchen sich verschiedene Akteure. Als letzte am vergangenen Wochenende die Messe Schweiz in Basel.

Die Frage, welches Messekonzept um welche Zeit des Jahres Sinn macht, ist ein vertrackte – und darum sind die Meinungen auch vielfältig. Für mich als Branchen-Insider steht die Eurobike in Friedrichshafen als Neuheiten-Messe anfangs September im Vordergrund. Seit vergangenem Jahr ist mit dem «TestRIDE» in der Lenzerheide eine ideale Ergänzung dazu gekommen: Keinen Monat, nachdem man die neusten Produkte zu Gesicht bekommen hat, kann man diese im Gelände ausprobieren – mechanische Aufstiegshilfe inklusive. Ende Februar interessiere ich mich allerdings nur noch sehr bedingt für «Neuheiten», die zum Teil bereits seit einem halben Jahr im Fachhandel erhältlich sind – und die ich zudem nur anschauen oder auf einem Micky-Mouse-Parcours, nicht aber im Gelände fahren kann.

Anders ist das offensichtlich für Normalbürger, die erst zum Frühlingsanfang (und nicht wie ich ständig) ans Fahrrad denken und sich dann informieren wollen. Genau auf diese Zielgruppe hat es Messe Schweiz mit der am vergangenen Wochenende zu Ende gegangenen, ersten Austragung der «twoo» abgesehen. In der Halle 3 des Messe-Geländes in Basel untergebracht, konnte diese Ausstellung auf viele Besucher zählen, die sich sonst NIE an eine Fahrrad-Messe verirren würden – nun aber von Dirtjump- und Trial-Shows angelockt wurden. So viel vorweg: Die «twoo» hat mich trotz diverser Vorbehalte positiv überrascht, wenn auch nicht überzeugt.


Eine Premiere mit Schwächen
Denn die Schwächen waren nicht zu übersehen: Erstens wäre da einmal die Lage Basels, die es meines Erachtens für eine Messe mit gesamtschweizerischem Anspruch ungeeignet machen. Zu viele Leute haben einen zu weiten Anreiseweg ans Rheinknie. Zudem war die Liste der Aussteller bei der Premiere zu dünn, und allzu viele Anbieter aus dem Bereich Mountain Bike glänzten durch Abwesenheit. So wirkte die Ausstellung seltsam zusammen gewürfelt, und zudem drängten sich alle Aussteller im Erdgeschoss, während der riesige erste Stock unbenutzt blieb. Hier wäre mehr als genug Platz für einen E-Bike-Testparcours, für eine Lounge oder dergleichen mehr. Wer weiss, vielleicht für 2009?

Einige Kuriosa, die mir ins Auge gestochen sind, will ich der geneigten (oder senkrechten) Leserschaft dennoch nicht vorenthalten:

So verriet dieser Wegweiser, dass die Messe Basel noch nicht so routiniert ist in Sachen Fahrrad: Bei «MBT» denke zumindest ich an «Masai Barfuss Technologie», unförmige Schuhe mit abgerundeter Ferse, die ein natürliches Abrollen des Fusses erleichtern, zu einem steten Balanceakt zwingen und so die Rückenmuskulatur stärken und Beschwerden vorbeugen sollen. Wenn Mountain Bikes gemeint sind, erscheint mir «MB» oder «MTB» eher als passend.

Ob die Welt auf ein Mountain Bike in speziellem Euro08-Design gewartet hat, bleibe mal dahin gestellt. Da dieses Sondermodell von BC Kristall ansonsten eher lieblos ausgestattet ist, darf man getrost davon ausgehen, dass das Zielpublikum dieses Gefährts mehr von Fussball als von Fahrrädern verstehen dürfte.

Eine heisse Sache ist dagegen das «Thunderbirdie» - wortwörtlich. Denn mit Hilfe eines auf dem Gepäckträger montierten Zusatzantriebs knackten einige Tüftler aus Deutschland den Rekord für das schnellste Faltrad. Alle, die 85 km/h nicht wirklich schnell finden, sollten dabei bedenken, dass das «Birdy» auf kleinen Rädern rollt und entsprechend nervös zu fahren ist. Mit 85 Sachen muss das ein mittlerer Höllenritt sein, bei dem der Pilot Blut geschwitzt haben dürfte.
Leider waren die beiden Gründer von Retrovelo in Basel nicht selber vor Ort. Aber die beiden Leipziger, welche mit ihren Rädern die guten, alten Zeiten aufleben lassen und dabei auch den Spass am Leben nie vergessen, hatten einem lokalen Zweirad-Händler einen Querschnitt durch die Kollektion zur Verfügung gestellt. Und als Krönung das endlos coole Soundbike: Von zwei Autobatterien gespiesen, ist dieses Fahrrad der ideale Begleiter für schöne Nachmittage im Stadtpark – egal, ob man als Traditionalist zwei 1200er-Plattenspieler von Technics anschliesst oder zeitgemäss einen iPod und einen Discman. Hauptsache, es wummert – bis die Polizei kommt.

Ebenfalls praktisch an Schönwetter-Nachmittagen im Stadtpark ist das neue, austauschbare Schaltauge des US-Bikeproduzenten Santa Cruz: Denn in diesem praktischen Teil, das eigentlich vor allem bei Stürzen als Sollbruchstelle dienen und so den Rahmen vor gröberen Schäden schützen soll, ist der Flaschenöffner gleich integriert.

So viel für den Moment, ich hoffe, dass die Lektüre Spass gemacht hat.Ach so: Wer unbedingt etwas seriöseres aus meiner Tastatur (mit der Feder schreib ich ja nicht) lesen will, der (oder die) sei auf meinen Artikel über die Kooperation von Modeschöpfern, Designern und Fahrradherstellern in der NZZ am Sonntag von gestern, 24. Februar 2008, verwiesen.

Modern Times – Geburtswehen inklusive

Vom Markenbüchlein über die Wegwerf-Legi bis zum Studentenausweis in Form einer Bankkarte: Die Moderne hält auch an der Alma Mater Einzug – auch wenn sie ab und an ins Straucheln gerät.

Insider und Langzeit-Studenten (wie meine Wenigkeit) staunten nicht schlecht, als die Universität Zürich ankündigte, dass der Studentenausweis ab dem Frühlingssemester 2008 in Form einer Plastikkarte mit Chip und Strichcode ausgegeben werde. Und Wochen vor dem Semesterauftakt bekam man denn auch die entsprechende Karte zugesandt, mit der Erklärung, dass deren Thermostreifen noch an sogenannten Validier-Stationen bedruckt werden müsse. Informationen zu den Standorten solcher Validierstationen finde man im Web.


Ein Blick auf die entsprechende Site liess dann schon vermuten, dass mit Wartezeiten zu rechnen war: Denn angesichts von rund 20'000 Studierenden schien die Anzahl der Validierstationen doch knapp bemessen. Also machte ich mich auf – und fand am Seiteneingang des Historischen Seminars schon einmal keine Station, obwohl sich dort eine befinden sollte. Also weiter zum Hintereingang, wo sich ein für die Universität Zürich überaus typisches Bild bot: Zwar befand sich dort tatsächlich wie angekündigt eine Validierstation, aber diese war (wie meist die Hälfte der Kopier- und Kaffeautomaten in der Uni) ausser Betrieb. Quel suprise!

In der Haupteingangshalle stellte ich mich dann in die Reihe, um meinen Studentenausweis gültig zu machen – und erlebte eine positive Überraschung: Denn wenn eine Validierstation tatsächlich am vorgesehenen Platz steht und auch noch funktioniert, ist die Prozedur in kaum zehn Sekunden erledigt: Karte einschieben, auf dieser gespeicherte Informationen kontrollieren und sich für «Validieren» oder «Abbrechen» entscheiden – und schon legt der Thermodrucker los und der Studentenausweis ist gültig. Die Universität Zürich ist damit in der Moderne angekommen. Es war eine abenteuerlich Reise, nicht ohne Um- und Irrwege, aber irgendwie hat sie zum Ziel geführt.

Freitag, 15. Februar 2008

Ab in die Vergangenheit: 80er Revival

Landauf, landab ist im Moment davon die Rede, dass die 80er wieder «in» werden. Wer die Ära der Föhnfrisuren, Mèche-Strähnen, Schulterpolster, Polyester-Blazer, weisser Disco-Schlüpfer sowie Skikleidern und nuttig anmutenden Schlauch-Stretchkleidchen in Neonfarben nicht selbst erlebt hat, sieht diese Ankündigung nicht als Drohung – ich schon.

Die 80er, das war für mich primär eine Ära, in welcher der Kalte Krieg in Afghanistan, Grenada, Nicaragua, aber mit dem NATO-Doppelbeschluss auch in Europa nochmals richtig auf Touren kam –Olympia-Boykotte inklusive. Eine Ära von verbiesterten Fundis wie Ronald Reagan und Margaret Thatcher, gegen deren Gedankenstarre auch ein reformwilliger Gorbatschow kaum etwas ausrichten konnte. Eine Ära auch des schlechten Kleidergeschmacks, der Dank der Fernseh-Serie «Miami Vice» perfekt für die Nachwelt dokumentiert ist. Was Sonny Crocket, Riccarco Tubbs und die beiden Politessen tragen, war damals hip.

Vor allem aber waren die 80er die Ära prolliger Sportkarren, aus denen meist noch prolligerer Synthezizer-Metalsound röhrte. Europe, Bon Jovi, Halloween und Konsorten lassen grüssen. Besagte Karren rollten mit verbreiterten Radkästen, Lufthutzen auf der Motorhaube, vielen Spoilern und noch mehr Zierat, der nutz- und sinnlos vom Innenspiegel baumelte, über die Strassen. Neben dem Ford «Capri» und Toyota’s «Celica Supra» war es vor allem der Opel «Manta», der zum Proll-Sportwagen Nummer Eins mutierte. Bis der letzte seiner Sorte 1988 vom Band lief, wurden laut Wikipedia mehr als eine Million «Manta» gebaut. Eine schauerliche Vorstellung...


Boey, Manni! Kuck ma, ein «Manta 400», is ja voll geil!

Wie ich vorgestern mit meinem Citybike aufm Rückweg vom Bäcker durch die Tempo30- Zone flitzte, wurde ich urplötzlich von einer Mischung aus Ekel und Faszination übermannt. Denn was sah ich, fein säuberlich in der blauen Zone abparkiert? Einen «Manta» der besonders prolligen Sorte, ein Relikt aus einer Zeit, als das «Pimpen» von Karren noch nicht so weit verbreitet war und darum in manchen Kreisen nicht als schicklich galt.

Was seh ich denn da im Rückspiegel?

Kein gewöhnlicher, sondern ein Über-Manta
Erst die Recherche am heimischen Desktop belehrte mich darüber, dass ich nicht irgendeinen Manta abgelichtet hatte. Wie die aufwändige Mehrfarben-Lackierung vermuten lässt, handelt es sich um ein Sondermodell, den «Manta 400». Dieser war eigentlich ein reines Wettbewerbsfahrzeug, welches aufgrund motorsportlicher Reglements der damaligen Gruppe B in geringer Stückzahl auch für den normalen Markt angeboten werden musste. Mit anderen Worten: Mir war nicht irgendein kommuner «Bauernporsche» vor die Linse geraten, sondern die höchste Evolutionsstufe desselben.

Aber mit diesen Winter-Wienern und diesen Ekel-Felgen ist kein Blumentopf zu gewinnen ;)

Etwas leid tat er mir ja, dieser «Manta 400», wie er auf unstandesgemäss dünnen Winterreifen und gänzlich schmucklosen Standard-Popelfelgen in der Kälte stand. Und auch das dünne Endrohr der Auspuffanlage dürfte der «Generation Remus» bestenfalls ein mitleidiges Lächeln entlocken. Die richtig breite Sportbereifung und die dazu gehörenden, zweifellos feschen Felgen (okay, für hochglanzverchromte 21-Zoll-Monster wie bei MTV's «Pimp my Ride» wird es wohl kaum reichen) dürften noch in einer Garage auf wärmere Tage warten. Wie auch der Fahrer, denn im Moment droht wohl noch ein mittlerer Gelenkschaden durch Unterkühlung, wenn er sich in seinen «Manta» setzt und mit offenem Seitenfenster und lässig ausgestelltem Ellenbogen um die Ecken cruist.

Montag, 11. Februar 2008

Der DnB-Godfather kommt nach Zürich!

Gross war meine Überraschung, als ich im Ausgeh-Magazin «ZüriTipp» entdeckte, dass der Drum n’ Bass-Guru Roni Size am 22. Februar im Rohstofflager auflegt. Die guten Zeiten kommen zurück!
Legendär: Der verkabelte Roni Size als Sinnbild des digitalen Zeitalters

Mitte der 90er Jahre war Drum n’ Bass ganz gross: Goldie stürmte mit seiner Single «Inner City Life» die Charts, obwohl dieser Song auf CD volle 20 Minuten dauerte – die ersten fünf Minuten bestehend aus sphärisch-wabernden Klängen und ohne Drum oder Bass. Goldie’s Metalheadz-Label bekam aber rasch Konkurrenz, und zwar aus Bristol. Denn rund um Roni Size formierte sich eine schlagkräftige Truppe. Zudem legten in den fetten 90er Jahren die nationalen und vor allem internationalen Stars des Drum n’ Bass jeden Freitag Abend im Zürcher Club «Rohstofflager» auf.


Roni Size und seine Reprazent-Crew: Als Bristol London heraus forderte...

Nun, gute zehn Jahre nach dem ersten Boom der hektisch-rasselnden Musik, die ich auch heute noch gerne zum Aufräumen und Abwaschen laufen lasse (klare Effizienzsteigerung durch treibende Rhythmen), kehrt Roni Size mit seiner Reprazent-Crew also ins «Rohstofflager» zurück, und zwar wieder an einem Freitag Abend. Ein Pflichttermin für alle, die auf den Mix von hektisch rasselnden Beats und organisch wabernden Basslinien abfahren – und für mich sowieso.
Bleibt nur zu hoffen, dass der Meister auch wirklich auftaucht. Denn als Goldie vor zwei Jahren in Baden auflegen sollte, brach er sich kurz zuvor beim Snowboarden die Hüfte.

Von Mörgele, Mengele und anderen Gestalten

Es rauscht im Sonntagsblätter-Wald: SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli hat die Diskussion um den couchepin’schen Wortverdreher «Mörgele» weiter angeheizt, indem er Abschriften des Tonband-Protokolls der Kommissionssitzung verschiedenen Zeitungen zuspielte.

Die Staatsaffäre begann verhältnismässig harmlos:
In einer Debatte in der Parlamentskommission für Bildung und Forschung wurde im Beisein von Bundesrat Pascal Couchepin über die Forschung am Menschen diskutiert. Christoph Mörgeli verliess diese Sitzung, und kurz darauf meldete sich Couchepin zu Wort, um für klare gesetzliche Leitplanken für die Forschung am Menschen zu plädieren. Dabei wollte er auf den Archetypen des gewissenlosen Arztes und Forschers verweisen, den Auschwitz-Lagerarzt Joseph Mengele.


Joseph, berühmtester Spross der süddeutschen Industriellen-Familie Mengele.

Aber nun kam Couchepin nicht nur sein begrenztes Wissen bezüglich historischer Fragen in die Quere, sondern auch der Name des kurz zuvor abgereisten SVP-Nationalrats. Und so wurde aus Mengele flugs «Mörgele» - und die verschlafene Schweiz hatte ein politisches Skandälchen. Die politische Rechte jaulte mediengerecht auf und eilte ihrem obersten Wadenbeisser Mörgeli zur Hilfe: Couchepin’s Aussage sei eine Schweinerei und mitnichten ein Versprecher, der Walliser somit als Bundespräsident untragbar. Er möge doch endlich zurück treten.

Zähnefletschend wider Linke, Nette und Heimatmüde
- und gegen Ausländer sowieso: Mörgeli im Element.

Mörgeli selbst besichtigte zufällig gerade eine KZ-Gedenkstätte und konnte somit an passender, quasi politisch korrekter (und massgeschneiderter) Stelle seiner Empörung darüber Ausdruck verleihen, dass Couchepin mit diesem ungeheuerlichen Vergleich nicht so sehr ihn beleidigt, sondern das Ansehen der Opfer Mengeles in den Dreck gezogen habe. Eine bemerkenswerte Aussage für einen der prominentesten Gegner des Antirassismus-Paragraphen. Auch aus anderen Parteien kam die Aufforderung an Couchepin, sich für seine Aussage zu entschuldigen – was dieser nur halbherzig tat. Er sprach von einem Versprecher und Missverständnis und bedauerte, dass er falsch verstanden worden sei.

Couchepin, wie er sich gerne sieht: Jovial bei einem Glas Weissen in seinem Wallis.

Nun hätte man es dabei belassen können, wenn nicht zwischen dem selbstbewussten Couchepin als einem der letzten Freisinnigen, welche vor der SVP noch Rückgrat zeigen, und den Granden der SVP eine ausgeprägte Antipathie bestünde. Denn Couchepin hatte im Vorfeld der Nationalratswahlen 2007 auch den Nerv gehabt, den Personenkult um den abgewählten Bundesrat Christoph Blocher mit dem Duce-Kult in Italien zu vergleichen. Schon damals hatte die SVP aufgejault, vehement gegen diesen Vergleich protestiert – und dennoch die ganze Schweiz mit dem Konterfei ihres Maximo Lider zugekleistert.

Personenkult pur im Herbst 2007: Der Abzuwählende grinste von allen Plakatwänden

Statt dessen hat nun also Christoph Mörgeli höchstselbst Abschriften des Tonband-Protokoll der entsprechenden Kommissionssitzung gefertigt und verschiedenen Medien zugespielt. Und verlauten lassen, er fühle sich nicht mehr an das Sitzungsgeheimnis gebunden, weil Couchepin ja seine Sicht der Dinge schon publik gemacht habe. Ob man dies Mörgeli so durchgehen lassen soll, ist fraglich. Ich meine: Ganz sicher nicht, sonst brechen die Dämme.

Die Vertraulichkeit der Kommissionssitzungen ist ein zu wichtiges Element einer Verhandlungsdemokratie, als dass man sie Mörgeli’s Drang zur Selbstdarstellung opfern sollte. Denn im kleinen Kreis der Kommission kann nach Kompromissen sondiert werden, die im Plenum der Reinheit der Lehre (Leere?) zu Liebe nicht einmal in Betracht gezogen werden – die Kameras laufen ja mit, und man will nicht als Wischiwaschi-Politiker dastehen, sondern Klartext reden. Auch wenn dies der zu erörternden Thematik nicht gerecht werden sollte.


Nicht Mengele, Goebbels wäre passend
Abgesehen davon ist festzustellen, dass es selbstverständlich verfehlt war von Couchepin, Mörgeli in die Nähe von Mengele zu rücken. Wenn schon hätte Couchepin von einem «Herrn Mörgoebbeli» reden müssen. Denn Mörgeli selbst sieht sich als Propagandist – und sondert immer wieder Ungeheurlichkeiten ab, begleitet von einem zuckersüssen Lächeln. Womit wieder einmal bewiesen wäre, dass Lächeln eine Form des Zähnefletschens ist.


Bis heute mit dem Begriff Propaganda fast identisch: Joseph Goebbels

Frei nach Goebbels könnte Mörgeli in den Albisgüetli-Saal brüllen: «Wollt Ihr die totale Opposition? Wollt Ihr sie totaler, als Ihr sie Euch jemals vorstellen könnt?» Die berühmt-berüchtigte Sportpalast-Rede des Herrn Reichspropaganda-Ministers lässt grüssen. Und dessen teils doch arg verzerrte Sicht der Welt passt genauso zu Mörgeli wie die glühende Verehrung eines Führers. Mit dem klitzekleinen Unterschied, dass Mörgeli’s Führer noch abgewählt werden konnte, ehe der Schaden angerichtet war.

Samstag, 9. Februar 2008

A Tub with a view

Für einen Aktionstag der Holzbranche wurde mein Bruder mit seinen Dutchtub-Bädern nach Bern eingeladen – und ich fuhr als Hilfsbademeister vom Dienst mit.

Dabei stellte sich zuerst einmal die Frage, wie man am besten drei Wannen auf einem Hänger transportieren kann. Noch am Vorabend fanden wir eine passable Lösung, und am nächsten Morgen gings um 5:30 Uhr los. Schliesslich sollten die Bäder um 10 in Bern im Einsatz sein, und während des Berufsverkehrs mussten wir schon mit zwei Stunden Fahrzeit rechnen.


Tapferer Berlingo: Drei Wannen kopfüber sorgen für ein auffälliges Gespann.

Wie wir in Bern ankamen, war die Hauptstadt noch in dichten Nebel gehüllt. Also kam das Herumtragen der Wannen gelegen, um in der feuchten Kälte auf Betriebstemperatur zu kommen. Das nächste Problem war dann, dass an einem Aktionstag der Holzbranche niemand daran gedacht hatte, neben dem Wasser ausm Schlauch auch Brennholz bereit zu stellen. Zwei Telephonate und 20 Minuten später fuhr ein Mitarbeiter der städtischen Forstbetriebe mit zwei Paletten voller Buchenholz vor.

Noch bahnt sich die Morgensonne ihren Weg durch den Nebel...

Prächtig, jetzt konnten wir loslegen! Und das im Schatten des ehrwürdigen Bundeshauses, dessen frisch renovierte Kuppel in den ersten Strahlen der Morgensonne glitzerte. Gegen Mittag gönnten sich dann die ersten beiden Gäste ein warmes Bad: Zur Interessentin aus Genf, die eigens dafür nach Bern angereist war, gesellte sich Dominic, der bereits einen eigenen Dutchtub besitzt und seine Mittagspause erholsam gestalten wollte. Wenig später konnte auch der Organisator des ganzen Aktionstages nicht mehr wiederstehen – und gönnte sich ein warmes Bad.

Einige Stunden später ist die Badesaison im Schatten des Bundeshauses in vollem Gange.

Derweil gelang mein Versuch, auf der Wärme des offenen Feuers Kaffee zu kochen, erfreulich gut. Wenig später versank auch ich im inzwischen 38 Grad warmen Wasser, das Bundeshaus hinter mir und die als UNESCO-Weltkulturerbe geschützte Berner Altstadt vor mir.

Rundum-Genuss: Warmes Wasser, heisser Kaffee - was will man mehr?

Während die ersten Aussteller ihre Sachen bereits ab 15 Uhr zusammen packten, hielten wir bis 16 Uhr die Stellung – schliesslich hatten sich wieder zwei Badefreudige gefunden (leider ruht zur Zeit der Plenar-Betrieb des Parlaments, so dass nur wenig Politprominenz anzutreffen war). Dann aber galt es, das Wasser ablaufen zu lassen und all unsere Sachen zusammen zu packen. Denn bereits für 18 Uhr war auf dem Bundesplatz ein Monsterkonzert von sogenannten «Guggenmusiken» angesetzt, wie die kakophonisch-lauten, maskierten Musikgruppen an der Schweizer Fasnacht genannt werden.




Um 17:15 Uhr war dann alles verstaut und der Hänger angekuppelt, und wenig später standen wir mit unserem auffälligen Gespann an der Stadtgrenze Berns mitten im Feierabend-Stau. Dass der Grund des besagten Staus ein Auffahr-Unfall war, vermochte uns kaum zu überraschen. Wie auch die Tatsache, dass der Unfallverursacher einen PS-starken BMW fuhr, der nunmehr an der Schnauze mittelschwer onduliert war.

Wir hingegen zuckelten friedlich und ohne falsche Hektik mit 90 bis 100 Stundenkilometern auf der rechten Spur. Nur einige Autobahn-Abschnitte mit besonders heftigen Belagsschäden zehrten an unseren Nerven - und zwangen zu regelmässigen Kontrollblicken via Innen- und Aussenspiegel in Richtung Fracht. Kurz nach 19 Uhr war ich wieder zu Hause. Gerade noch rechtzeitig, um die letzten Minuten des Halbfinal-Spiels Ghana-Kamerun am «African Cup of Nations» zu verfolgen. Die Black Stars blieben dabei gegen die unbesiegbaren Löwen aus Kamerun auf der Strecke - und treffen nun im Spiel um Platz 3 auf die Elfenbein-Küste, die nach einem beeindruckenden Turnier gegen Ägypten komplett chancenlos geblieben war.

Sonntag, 3. Februar 2008

Jack Bauer’s Unrat, oder was?

Kaum eine Fernseh-Serie hängt so direkt mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis zusammen wie «24». Die Figur des rastlos irgendwelchen Terroristen hinterher hetzenden Special Agents Jack Bauer wäre ohne die Anschläge von 9/11 nicht denkbar. Und die geheime Regierungsbehörde, für welche Jack Bauer tätig ist (und in deren Namen er sich einen feuchten Dreck um Menschenrechte und Anti-Folter-Konventionen kümmert), nennt sich «CTU», die Abkürzung für «counter-terrorist unit».


Ominöser Container: Wer entsorgt denn hier was?

Dieser Container ist mir auf dem Weg zum Bahnhof schon mehrmals aufgefallen. Entsorgt Jack Bauer hier all jene Terroristen, welche seine verschärften Verhörmethoden nicht überstanden haben? Oder entsorgt hier die aktuelle US-Administration die letzten Reste der Menschenrechte? Was verbirgt sich sonst hinter dem Kürzel «CTU»? Fragen über Fragen…